Das 6-Stunden-Rennen in Spa ist so etwas wie die inoffizielle WEC-Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans. Seitdem die Langstrecken-WM in ihrer derzeitigen Form existiert, war das Rennen mit Ausnahme von 2021 jeweils die letzte Station vor dem Saison-Highlight an der Sarthe. Für einen Hersteller ist Spa 2024 besonders wichtig.

Die Rede ist von Peugeot. Die Franzosen schickten beim zweiten Rennen der WEC-Saison in Imola erstmals eine radikale Evolution des 9X8 auf die Strecke. Der neue Peugeot erhielt dabei einen Heckflügel und wurde mit neuen Reifen-Dimensionen ausgestattet. Anstelle von 31 Zentimeter breiten Reifen vorne und hinten fährt nun Peugeot, genauso wie die Konkurrenz in der Hypercar-Klasse, mit 29 Zentimeter-Reifen vorne und 34 Zentimeter-Reifen hinten.

Peugeot erklärt Revolution: Konzeptwechsel unkompliziertere Variante

Eine grundlegende Anpassung, die eine Reihe an weiteren Modifikationen am gesamten Fahrzeug nötig machten. Stellantis-Motorsportchef Jean-Marc Finot erklärte in Imola: "Wir mussten etwas Gewicht nach hinten verlagern, damit die 34er-Reifen besser funktionieren. Wir verlagerten einige Teile von vorne nach hinten, also große Arbeit an der Fahrzeug-Architektur."

"Aus Stabilitäts-Gründen mussten wir die Aero-Balance in der selben Größenordnung nach hinten verlagern wie die Gewichts-Balance. Also mussten wir den Abtrieb hinten erhöhen und den Abtrieb vorne reduzieren", erklärte er weiter. Insgesamt bezifferte er die Veränderungen an der Karosserie auf 90 Prozent. Die Motorhaube und die Heckabdeckung ist komplett neu. Das Monocoque und die Überlebenszelle sind unverändert.

Viel Arbeit. Aber dennoch weniger Aufwand als eine Weiterverwendung des alten Modells. "Wir hätten das Konzept beibehalten können. Aber es wäre notwendig gewesen, weitere Arbeiten am Unterboden vorzunehmen, es wäre notwendig gewesen die Crash-Struktur neu zu designen und neu zu homologieren", zählte Finot auf.

Schwaches Debüt: Warum war Peugeot in Imola auch mit Heckflügel chancenlos?

In Imola war der 9X8 unter ferner Liefen unterwegs, da die FIA aufgrund mangelnder Erfahrungswerte auf der Strecke das runderneuerte Hypercar noch konservativ einstufte. In der Folge lag die Maschine auf eine Runde beinahe 1,5 Sekunden zurück und kam im Rennen nicht über P9 hinaus.

Das lag zum Teil aber auch daran, dass vor dem Renndebüt in Imola die Feinabstimmung des Boliden noch nicht im Detail ausgearbeitet worden war. Stattdessen konzentrierte sich Peugeot im Vorfeld auf die Zuverlässigkeit des Boliden und absolvierte die beiden erlaubten Endurance-Tests, die jeweils über eine Dauer von 24 Stunden gingen.

Mit den Erfahrungswerten aus diesen Tests und aus Imola geht es also auf die Ardennen-Achterbahn. In Spa erhielt Peugeot gemeinsam mit Alpine die größten Zugeständnisse bei der maximalen Stint-Energie. Nach wie vor bleibt das Auto aber das schwerste im Feld. In Spa wiegt der 9X8 1065 Kilogramm.

Traktion und Bodenwellen: Das kann der 'neue' Peugeot besser

Auch wenn Peugeot-Fahrer Nico Müller betonte, dass es sich nicht um ein neues Auto handelt, sondern eben nur um eine Evo-Version des Vorgängers, stellte er ebenfalls in Imola klar, dass sich das Fahrverhalten stark geändert habe. "Das Augenmerk wurde hauptsächlich darauf gelegt, dass wir die Traktion verbessern können", so der Schweizer.

"Hinter dem Lenkrad spürst du vor allem diese Traktion, die sich schon verbessert hat", bestätigte Müller Erfolge an dieser Front. Dennoch sieht er noch Aufholbedarf auf die schnellsten Hypercars: "Wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen. Wenn man das jetzt mit dem Ferrari oder dem Toyota vergleicht, die kommen aus den langsamen Ecken schon gut raus", sagte der ehemalige DTM-Pilot.

Ein weiterer Problempunkt des 9X8 in seiner Ursprungsversion war, dass er auf Unebenheiten empfindlich reagierte. Auf Strecken wie dem Losail International Circuit hatte dieses Problem kaum Gewicht. Das war wohl auch einer der Gründe, warum das Heckflügel-lose Auto bei seiner Abschiedsvorstellung in Katar zu den Spitzenreitern gehörte und bis zum Ausfall kurz vor Schluss P2 belegte. Der Gegenentwurf dazu war etwa Sebring. Auf dem extrem holprigen Kurs in Florida erlebte Peugeot 2023 eine verheerende Niederlagen.

Auch daran wurde Hand angelegt und das erfolgreich. "Dass das Auto Bodenwellen besser absorbiert und besser über Kerbs fährt. Das war früher nicht gerade eine Stärke des 9X8 und das ist deutlich besser geworden", schloss Müller aus den ersten Erfahrungen in Imola, eine Strecke, auf der vor allem der Umgang mit den Kerbs einer ausgiebigen Prüfung unterzogen wird.

Peugeot 9X8 für WEC 2024 im Technik-Check: (04:38 Min.)