Die Gerüchte gab es seit längerer Zeit, jetzt steht es auch offiziell fest: Aston Martin wird doch kein Hypercar für die WEC-Saison 2020/21 bauen. Das gab der britische Autobauer an diesem Mittwoch in einer Pressemitteilung bekannt.

Nach dem Abschied des groß angekündigten Projektes steht damit ein weiteres Mal Toyota als einziger Hersteller in der neuen Topklasse fest, die ab August 2020 die bisherige LMP1-Kategorie ablösen wird.

Aston Martin selbst spricht von einer Verschiebung des Projektes, das CEO Andy Palmer beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 2019 angekündigt hatte. Ob der Hersteller jemals mit einem Hypercar auf Basis des Supersportwagens Valkyrie antreten wird, bleibt unsicher.

Die Rede ist von einer Pause und der Abwägung, ob sich Aston Martin angesichts der kürzlich beschlossenen Konvergenz der Hypercars mit den Daytona-Prototypen künftig mit Prototypen beschäftigen möchte. Aston Martin bleibe offen für weitere Gespräche mit den jeweiligen Organisationen.

Die Hypercar-Saison, mit der sich die Verantwortlichen einen Schritt aus der LMP-Krise erhoffen, beginnt im August 2020 mit dem Saisonauftakt in Silverstone. Aktuell haben sich nur Toyota und der Exot Glickenhaus zur neuen Hypercar-Formel bekannt, die auf Straßen-Supersportwagen aufbaut und wahlweise mit Elektro- oder Verbrennungsmotor gefahren werden soll.

"Es tut uns leid, das zu hören", teilte Toyota Gazoo Racing in einer ersten Reaktion auf Twitter mit. "Wir hatten uns auf den Beginn eines epischen Duells mit Aston Martin ab 2020-2021 gefreut."

Toyota will eigene Position zu gegebener Zeit bestätigen

Auf die Frage hin, wie Toyota Motorsport den Ausstieg von Aston Martin bewertet und ob dieser Konsequenzen beziehungsweise Auswirkungen für das eigene Projekt haben könnte, teilte ein Teamsprecher bei Motorsport-Magazin.com mit: "Wir sind uns der Ankündigung von Aston Martin bewusst und bedauern ihre Entscheidung. Die Umstände von Aston Martin unterscheiden sich stark von unseren eigenen, daher werden wir die Situation berücksichtigen und unsere Position zu gegebener Zeit bestätigen. "

Ein Grund für den Ausstieg von Aston Martin dürften die finanziellen Probleme der britischen Nobelmarke sein. Nach schwachen Zahlen im Geschäftsjahr 2019 fand sich zuletzt mit dem kanadischen Milliardär Lawrence Stroll, der 16,7 Prozent übernimmt, ein Retter. Sein Formel-1-Team Racing Point tritt ab 2021 unter dem Namen Aston Martin an.

Andy Palmer sprach von einer Neubewertung des Programmes, auch mit Blick auf die neue Sportwagen-Konvergenz, die 2022 in Kraft treten soll und zu der beim WEC-Rennen in Sebring im März weitere Informationen bekanntgegeben werden sollen.

"Wir gingen mit dem Valkyrie in die WEC und nach Le Mans in dem Verständnis, dass wir mit ähnlichen Maschinen und gleichgesinnten Herstellern konkurrieren würden", so Palmer. "Die Situation hat sich geändert und es ist sinnvoll, unsere Optionen pausieren und zu überdenken."

Zuletzt war geplant, den Valkyrie unter der Einsatzleitung des früheren Ford-Teams Multimatic mit Verbrennungsmotoren in der WEC antreten zu lassen. Palmer hatte diesen Schritt auch im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com auf das Fahrzeuggewicht zurückgeführt. Toyota hingegen hatte stets argumentiert, das Hypercar-Projekt nur mit einem Hybrid-Boliden durchführen zu wollen.

Das in Le Mans 2018 erstmals vorgestellte Hypercar-Konzept wurde in der Folge immer wieder angepasst. Zuletzt bestimmte die FIA im Dezember letzten Jahres, dass Teilnehmer mit einem homologierten Rennwagen unter dem Namen eines Autoherstellers antreten müssen.

Die kurzfristige Absage nur sechs Monate vor dem Beginn der Hypercar-Ära sorgte bei der WEC und Le-Mans-Ausrichter ACO für Verstimmung. "Dies ist kurzfristig keine gute Nachricht für die WEC, ändert aber nichts an unseren mittel- und langfristigen Plänen", gab sich WEC-Chef Gerard Neveu diplomatisch. "Wir haben immer noch Toyota und Peugeot sowie andere Teilnehmer, die Interesse am Le Mans Hypercar bekundet haben, und mit der Ankunft der LMDh werden wir viele neue Hersteller begrüßen."

Das Aston-Aus ist eine weitere Negativ-Nachricht auf dem Weg hin zu den Hypercars, die den Prototypen-Sport aus der Krise führen sollen. Zuletzt hatte der Schweizer Rennstall Rebellion seinen Ausstieg bekanntgegeben und damit auch die geplante Entwicklungsarbeit mit Peugeot. Die Franzosen haben ihr Hypercar-Engagement ab 2022 bestätigt und müssen nun einen neuen Partner suchen.

Richard Mille, Chef der FIA-Langstreckenkommission: "Obwohl es enttäuschend ist, dass ein Hersteller in schwierigen Zeiten sein Engagement neu bewerten muss, bin ich weiterhin zuversichtlich, dass die Hypercar-Plattform die richtige, langfristige Lösung für die FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft ist."