"Olympische Spiele für Motorräder", so nennt Yamaha-Urgestein Lin Jarvis die neuen Pläne FIM, die im Rahmen des Grand Prix in Jerez vorgestellt wurden. Ende November sollen an selber Stelle die ersten Interkontinental-Spiele für Motorräder ausgetragen werden. Motorsport-Magazin.com erklärt, worum es sich dabei handelt und warum es große Probleme geben könnte.

"Dieses Projekt ist 20 Jahre in der Mache. Als wir in der FIM die Kontinentalverbände gründeten, da wollten wir auch einen Wettbewerb zwischen diesen haben. Das gibt es so nirgendwo anders. Es werden erstmals Fahrer in den Farben von Europa, Asien, Afrika, Ozeanien sowie Nord- und Südamerika zu sehen sein", kündigte FIM-Präsident Jorge Viegas voller Stolz auf der Pressekonferenz in Jerez an. Bevor wir zu den Problemen kommen, ein Überblick über den geplanten Wettbewerb.

Vier Fahrer und Fahrerinnen repräsentieren einen Kontinent

Vorgesehen sind die Spiele im Zweijahresrhythmus. Die erste Ausgabe findet dieses Jahr in Jerez statt. Für 2026 gibt es bereits fortgeschrittene Gespräche mit Katar. Der Plan ist, dass mit jeder Ausgabe ein neuer Kontinent besucht wird. Kernidee des Wettbewerbs ist der Teamgedanke. Jeder der sechs Kontinentalverbände wird Teams mit 4 Fahrern an den Start bringen. Dabei gibt es zwei Auflagen: Es muss mindestens eine Frau dabei sein und es darf höchstens ein Fahrer aus der Weltmeisterschaft an den Start gehen.

"Wir wollen keine Konkurrenz zur Weltmeisterschaft sein, das ist nicht die Idee. Wir wollten etwas machen, das Fahrern, die normalerweise nicht im Rampenlicht stehen, in ihren Karrieren hilft", erklärt Viegas. Für die Auswahl der Fahrer sind die Kontentalverbände zuständig. Die FIM zahlt alles selbst, die Fahrer müssen also keine eigenen finanziellen Mittel aufbringen.

FIM Kontinentalspiele: Bikes von Yamaha, TV-Übertragung bei Eurosport

Gefahren wird mit Motorrädern von Yamaha, weswegen auch Jarvis in der Pressekonferenz saß. "Als diese Idee aufkam, da war es für uns ganz natürlich, dass wir da unsere Unterstützung anbieten wollten", meint der Brite. Es wird zwei Klassen geben. Eine 300er-Kategorie mit der Yamaha R3 und eine 600er mit der R7. Die Reifen kommen von Dunlop. "Das sind erschwingliche Bikes, die normalerweise im Amateurbereich genutzt werden. Wir werden 48 Maschinen vorbereiten, 24 pro Klasse. Sie werden von derselben Organisation vorbereitet, die das auch im Rahmen der Superbike WM macht. Sie können sich also sicher sein, dass die Bikes Qualität haben und auch leicht zu fahren sein werden", bekräftigte Jarvis.

Die Yamaha R3 kommt auch in der neuen Frauen-WM der FIM zum EinsatzFoto: Dorna WSBK Organization Srl

Das Rennwochenende geht über drei Tage. Am Freitag ist Training, am Samstag Qualifyings und am Sonntag Renntag. Es wird je zwei Rennen pro Klasse geben, also insgesamt vier Rennen am Sonntag. Der Punkteschlüssel ist einfach erklärt: Der Sieger erhält 24 Punkte, der zweite 23 usw., bis der 24te und letzte noch einen Zähler erhält. Der Sieger ist das Team, das die meisten Punkte geholt hat. Also werden Punkte von vier Fahrern aus vier Rennen zusammengezählt. "Das wichtige ist das Team. Es gibt einen Preis und der wird an den besten Kontinentalverband vergeben. Dann wird es noch Sonderpreise für die beste Frau und den besten Mann geben. Der Fokus liegt aber klar auf dem Teamgedanken", betont Viegas.

Auch für die TV-Übertragung ist bereits gesorgt. Die TV-Produktion übernimmt die Dorna. Deren Boss Carmelo Ezpeleta war begeistert: "Nächstes Jahr wird das 40-Jährige Jubiläum des Motorrad-Rennen in Jerez sein. Wir dachten, dass das ein guter Weg ist, diese Feierlichkeiten einzuläuten. Wir können die Historie der FIM mit solchen Spielen feiern." Der Übertragungspartner ist Warner Bros. Die Motorradspiele werden auf deren Sportableger "Eurosport" zu sehen sein. Ob es auch noch weitere Möglichkeiten geben wird, die Spiele zu verfolgen, wurde nicht bekanntgeben.

Vertragsbindungen: Wie sollen die MotoGP-Stars starten dürfen?

Kommen wir nun zu den Problemen. Die erste Frage ist: Wie sollen die Motorrad-Stars an diesen Spielen teilnehmen können? Viegas betont zwar, dass die Spiele junge Fahrer ins Rampenlicht rücken sollen, aber dennoch braucht es ein Zugpferd für Interesse und Zuschauerzahlen. Viegas selbst träumt von einer Teilnahme des MotoGP-Weltmeisters: "Ein Fahrer darf aus der Weltmeisterschaft sein. Wir nennen das den Team-Kapitän oder den Joker. Also könnte bspw. Bagnaia im europäischen Team sein."

Jorge Viegas träumt von MotoGP-Stars beim Event, doch das wird kompliziertFoto: LAT Images

Doch es gibt ein gewaltiges Problem: Die Verträge der Stars. Würde Ducati erlauben, dass Francesco Bagnaia vor einer Weltöffentlichkeit eine Yamaha fährt? Wohl kaum. Auch die Helme sind von Airoh gestellt. Die anderen Helmpartner der Motorrad-Stars würden auch das sicherlich nicht gerne sehen. Die FIM machte bisher keinerlei Angaben dazu, wie sie dieses Problem lösen will. Dass nur Fahrer von Yamaha mitfahren können, darf eigentlich nicht Sinn und Zweck der Übung sein.

Wer soll Europa schlagen? Viegas gibt Sorgen um schwächere Teams zu

Kommen wir zum zweiten Problem. Den ersten Gedanken, der uns bei der Ankündigung durch den Kopf ging, sprechen wir einfach unverblümt aus: Wer zur Hölle soll die Europäer schlagen? Spanien allein könnte wohl ein Team stellen, dass allen anderen klar überlegen ist. Noch dazu findet das Rennen in Europa statt, auf einer wohlbekannten Strecke der spanischen und europäischen Meisterschaften. Außerdem ist Europa, insbesondere Spanien, auch im Damenbereich klar führend.

Die Problematik ist auch Viegas sehr wohl bewusst: "Diese Sorge gibt es. Wir versuchen es auf eine Art und Weise zu gestalten, dass Europa nicht im Vorteil ist." Deswegen gibt es auch keinerlei Testfahrten vor dem Event. Alle sollen bei Null beginnen und nur die Trainings haben. Im Prinzip eine logische Idee, aber die Europäer kennen Jerez am besten. Erst bei den nächsten Ausgaben würde dieser Vorteil wegfallen.

Selbst mit Brad Binder wäre Afrika wohl nicht gut aufgestelltFoto: Tobias Linke

Und auch die Stärke der anderen Kontinentalverbände variiert. Besonders um eine Mannschaft macht sich auch Viegas Sorgen: "Wenn sie sich die Starterlisten der 300er und 600er ansehen, dann fahren dort eine Menge Südamerikaner, auch einige Asiaten und die Australier sind sehr gut. Ich mache mir etwas Sorgen um die Afrikaner, denn nur Südafrika hat eine starke nationale Meisterschaft." Selbst wenn die Afrikaner tatsächlich Brad Binder an den Start bringen können bzw. dürfen, wären sie wohl die klaren Außenseiter.

Am Ende bleibt ein gemischtes Fazit mit vielen Fragezeichen. Eine reizvolle und neue Idee in der Welt des Motorsports sind die Kontinentalspiele allemal. Etwas ähnliches gibt es wohl nur im Motocross-Sport mit dem "Motocross of Nations". Dieses ist ein sehr erfolgreiches Event mit großem Zuschaueranklang. Ob dies auch mit den Interkontinentalspielen gelingt, muss sich erst noch zeigen. Momentan gibt es leider noch einige Gründe, warum das Herzensprojekt von Jorge Viegas ein Flop werden könnte. Wie lautete eure Meinung zu den Plänen der FIM? Sagt es uns in den Kommentaren.