Die Familie Marquez und Honda - das gehörte in der Motorrad-Weltmeisterschaft jahrelang fest zusammen. Superstar Marc ist seit seinem Aufstieg in die Königsklasse 2013 im Repsol-Werksteam unterwegs. Bruder Alex wurde auf Honda im selben Jahr Moto3-Weltmeister und war seit seinem MotoGP-Debüt 2020 erneut HRC-Pilot.

Beim Saisonfinale in Valencia bestritt Alex Marquez nun aber sein vorerst letztes Rennen auf der RC213V. 2023 wird er für das Gresini Team eine Ducati Desmosedici GP22 pilotieren. Nach seinem Abgang bei Honda findet der jüngere der beiden Marquez-Brüder deutliche Worte für die Arbeitsweise des japanischen Motorradgiganten, der die abgelaufene Saison ohne einen einzigen Sieg auf dem letzten Rang der Konstrukteursweltmeisterschaft beendete.

MotoGP-Testniederlage für Quartararo und Marquez: Die Analyse: (05:37 Min.)

"Das Problem ist, dass sie nur wirklich Gas geben, wenn Marc sie antreibt", ist Alex überzeugt. "Wenn es niemanden gibt, der sie antreibt und der gegenüber Honda auch diese Macht hat wie Marc, dann schlafen sie. Das ist die Wahrheit." Alex Marquez liefert Beispiele für seine Theorie: "Wir haben am Ende der Saison gesehen, dass gewisse Verbesserungen gekommen sind, weil Marc und sein Umfeld sie gefordert haben. Das gilt für die Aerodynamik, den Schwingarm und weitere Dinge, die nicht sichtbar sind. Wie Marc schon oft gesagt hat, ist das eine Frage der Organisation und auch des Erfolgshungers. Dieser Hunger scheint manchmal völlig zu fehlen. Honda muss sich grundlegend verändern, wenn sie wieder nach vorne kommen wollen."

Marc Marquez verpasste im Sommer dieses Jahres ja sechs Rennen, nachdem er sich einer erneuten Operation am 2020 verletzten Oberarm unterziehen musste. Fast drei Monate dauerte seine Zwangspause. In diesem Zeitraum stand die Weiterentwicklung bei Honda praktisch still. Nicht nur Alex Marquez, sondern auch der 2023 für KTM startende Pol Espargaro bekamen keine neuen Teile mehr zur Verfügung gestellt, die Testarbeit fand ausschließlich an den Maschinen von Ersatzmann Stefan Bradl und Takaaki Nakagami statt.

Alex Marquez kam 2022 nie auf TourenFoto: LAT Images

2023er-Honda enttäuscht beim Testdebüt

Nach der enttäuschenden Saison 2022 setzte Speerspitze Marc Marquez große Hoffnungen in die Maschine für das nächste Jahr. Am vergangenen Dienstag in Valencia saß Marquez erstmals auf dem 2023er-Prototypen - und zeigte sich im Anschluss enttäuscht: "Ich habe mit dem neuen Bike ein etwas besseres Gefühl für das Vorderrad, aber dafür verlieren wir nun in anderen Bereichen. Im Endeffekt ist die Performance des Motorrads sehr ähnlich. Ich hatte mir erwartet. Wenn wir um den WM-Titel kämpfen wollen, brauchen wir mehr. Mit dem heutigen Bike werden wir das nicht schaffen."

Alex Marquez, der seinen ersten Tag auf der Ducati mit nur 0,680 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit beendete, wirkte hingegen gelöst. "Es war ein sehr positiver erster Tag", stellte er zufrieden fest. "Ich habe mich vom ersten Run an wirklich wohlgefühlt und konnte bereits ziemlich schnell und konstant sein. Von anderen Ducati-Fahrern habe ich oft gehört, dass das Vorderrad etwas unberechenbar sein kann, aber für mich hat es sich richtig gut angefühlt. Ich hätte generell ein aggressiveres Motorrad erwartet, aber auch die Leistungsentfaltung ist sehr geschmeidig."