Das die Trennung von Andrea Dovizioso und Ducati nicht ohne Probleme über die Bühne gehen würde, war nach den holprigen letzten Jahren eigentlich zu erwarten. Dovizioso hat nun sein Aus bei den Italiener genutzt, um endlich frei über die Situation in Borgo Panigale in den letzten Jahren reden zu können. Und er hat kaum etwas Gutes zu berichten, vor allem nicht über Technik-Genie Gigi Dall'Igna.

"Wie war meine Beziehung zu Gigi? Null", erklärte Dovizioso kürzlich gegenüber der italienischen 'Gazzetta dello Sport'. "In den Jahren davor war sie vielleicht bei 30 Prozent, aber als Jorge (Lorenzo, Anm.) dann im Jahr 2017 dazukam - und wir viele Probleme hatten und gegeneinander angegangen sind - wurde mein Teil des Teams immer isolierter."

Dovizioso und Ducati: Keine Kommunikation seit 2017

Dovizioso zeichnet ein Bild seiner Zeit bei Ducati, bei dem von der einstigen Traumehe zwischen dem italienischen Hersteller und seinem Landsmann nichts mehr übrig zu sein scheint. An der Weiterentwicklung der Desmosedici GP sei er seit mehreren Jahren nicht mehr involviert gewesen, gibt Dovizioso ebenfalls Preis. Mit diesem Wissen verwundert es nicht mehr, dass der Italiener vor allem im letzten Jahr nicht mehr mit der Konkurrenz mithalten konnte und über Probleme mit der GP20 klagte.

"Wir haben nicht mehr über die Weiterentwicklung des Bikes gesprochen oder haben Meetings abgehalten, um es zu verbessern. Aber bei Ducati hätte es die Möglichkeiten gegeben, so etwas zu tun, denn die Kompetenz und die Fähigkeiten der Leute sind sehr hoch", resümierte Dovizioso. "Das ist die eine Sache, die mich in diesen acht Jahren wütend gemacht hat. Wir hätten mehr erreichen können, aber Gigi und ich haben seit 2017 kein ruhiges Wort mehr miteinander geredet."

Diese Äußerungen des mehrfachen Vize-Champions geben einen genaueren Einblick, wie kaputt die Beziehung zwischen Dovizioso und Ducati-Technik-Genie Dall'Igna wirklich war. Zwei Situationen haben laut dem Italiener ganz besonders dazu beigetragen: Die Ankunft Lorenzos bei Ducati und ein Meeting zwischen den Rennen in Deutschland und Österreich im Jahr 2019.

Schon in der MotoGP-Saison 2018 war die Stimmung bei Ducati nicht mehr gutFoto: gp-photo.de/Ronny Lekl

Dovizioso: Heftige Kritik an Dall'Igna

Dovizioso wirft Dall'Igna zum einen vor, Entscheidungen bezüglich des Fahrer-Lineups vollständig im Alleingang zu treffen. "Diese Beschlüsse kommen allein von Gigi", sagte der 34-Jährige deutlich. "Es wird davon geredet, dass Ducati diese Entscheidungen trifft, aber das stimmt nicht. Es sind allein seine, wie auch die Vertragsunterzeichnung von Lorenzo im Jahr 2017."

Diesbezüglich rückte Dovizioso mit einigen Details heraus: "Zu Beginn der Saison 2016 hätte es die Chance gegeben, Marc (Marquez, Anm.) unter Vertrag zu nehmen, aber da hatte Gigi schon entschieden, dass er lieber Lorenzo wollte."

Der Todesstoß für die Beziehung Dovizioso/Dall'Igna erfolgte aber 2019 bei einem Meeting zwischen den Rennen am Sachsenring und am Red Bull Ring, wie der Italiener verriet: "Es war eigentlich als technisches Meeting geplant. Wir hatten unterschiedliche Ideen, das hat zu Reibungen geführt und wir wollten uns mit allen Ingenieuren treffen, um alles zu klären."

Daraus wurde aber nichts, wie Dovizioso weiter verriet: "Es hat als Technik-Meeting begonnen, aber es ist in einer Konfrontation zwischen Gigi und mir geendet. Er hat sich angegriffen und geschlagen gefühlt. Ich denke, in diesem Moment ist für mich die Tür bei Ducati zugegangen, aber er hat es leise gemacht, ohne es mir mitzuteilen."

Diese vermeidliche Entscheidung hat der italienische Hersteller Dovizioso auch bis zum letzten Moment nicht mitgeteilt. Stattdessen habe man Lügen über ihn verbreitet, als es um die Vertragsverlängerung nach 2020 ging, sagte Dovizioso: "Es wurde gesagt, ich wolle dies und das. Das sind alles Lügen. Es gab nie ein Angebot oder Verhandlungen. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, dass sie mich nicht mehr wollten. Was sie mir schließlich gesagt haben, war, dass es für Dall'Igna schon nach dem Meeting im Jahr 2019 vorbei war."

Doviziosos Zukunft in der MotoGP?

Hätte er diese Informationen schon vorher gehabt, dann hätte es für Dovizioso nicht mal eine MotoGP-Auszeit 2021 geben müssen. Stattdessen hätten MotoGP-Fans den Italiener vielleicht in Orange sehen können. Dovizioso war mit KTM in Gesprächen für einen Platz im Werksteam für die Saison 2021, die sich aber am Ende im Sand verliefen. Hätte er eher um seinen verlorenen Posten bei Ducati gewusst, hätte er "die Möglichkeit bei KTM in einem anderen Licht betrachtet", erklärte Dovizioso.

So hat der Italiener für 2021 keinen Platz in der MotoGP gefunden. Er möchte aber nicht ausschließen, zu Repsol Honda zu stoßen, sollte der immer noch verletzte Marc Marquez auch in 2021 ausfallen. "Ich werde sehen, was sie mir anbieten können, wenn sie es tun, bevor ich irgendwelche Pläne mache", stellte Dovizioso abschließend klar.