Marc Marquez gelang beim Deutschland GP ein Meisterstück. Nach einem wilden Ausritt eigentlich schon aussichtslos zurück, riskierte er bei auftrocknender Strecke alles und pokerte damit goldrichtig. Mut zum Risiko wurde belohnt und am Ende holte er seinen siebenten Sieg am Sachsenring in Folge.

Die führende Fünfergruppe verkalkulierte sich mit einem zu späten Boxenstopp. Am schlimmsten erwischte es Valentino Rossi, dessen Team dabei auch noch die schlechteste Reifenwahl traf und Rossi in die Niederungen des Mittelfeldes durchgereicht wurde.

Motorsport-Magazin.com entwirrt das Flag-to-Flag-Chaos vom Sachsenring:

Zeitpunkte der Motorrad-Wechsel

Es war am Sonntag nicht leicht, den Überblick zu behalten. Das Fenster der Boxenstopps zwischen erstem und letzten Fahrer, der zum Bike-Wechsel kam, betrug satte 13 Runden - das ist beinahe das halbe Rennen (Distanz: 30 Runden). Andrea Iannone macht in Runde 13 den Auftakt, Jack Miller war in Lap 25 als Letzter in der Pitlane.

RundeAn der Box (Reifen HINTEN - vorne)
13Iannone (INT - int)
14Baz (? - ?)
15Baz (SLI - int)
17Marquez (SLI - sli), Smith (INT - int), P.Espargaro (INT - int)
19Redding (INT - int), Laverty (INT - int), Hernandez (SLI - int)
20Rabat (SLI - sli)
21Pedrosa (SLI - sli), Vinales (SLI - int), A.Espargaro (INT - int), Bautista (INT - int)
23Rossi (INT - int), Crutchlow (SLI - sli), Dovizioso (SLI - int), Barbera (SLI - int)
24Lorenzo (INT - int)
25Miller (SLI - sli)

Int = Intermediate; Sli = Slick

Ein Blick in die Tabelle zeigt, dass Marc Marquez nicht nur einen der frühesten Stopps hinlegte, sondern auch noch als erster Fahrer überhaupt vorne und hinten den Slick-Reifen aufziehen ließ. Auf Doppel-Slick waren im gesamten Feld nur die vier anderen Honda-Fahrer (Crutchlow, Pedrosa, Miller und Rabat) unterwegs, die aber alle deutlich später als Marquez stoppten.

Gewinner und Verlierer der Boxenstopps

In der letzten vollen Runde (16) vor seinem Stopp lag Marquez 11,312 Sekunden hinter dem Führenden Dovizioso nur auf dem achten Rang. Die Spitzengruppe um Dovi blieb - trotz gegenteiliger Signale von der Box - bis zur 23. Runde draußen und kam erst dann zum Motorrad-Wechsel an die Box (Ausnahme: Miller, der erst in der 25. Runde stoppte). In diesem Zeitraum holte Marquez auf den Slicks auf abtrocknender Strecke seinen entscheidenden Vorteil und legte damit den Grundstein zum Sieg.

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Zwischen 16. Runde (Marquez' letzte fliegende vor dem Stopp) und 24. Runde (Outlap nach dem Stopp der Spitzengruppe) verloren die vormaligen Leader rund eine halbe Minute auf Marquez. Crutchlow, der ebenfalls auf Doppel-Slicks war, büßte mit 30,5 Sekunden noch am wenigsten ein. Dovizioso verlor 31,6 Sekunden, Rossi auf Doppel-Intermediates 34,5 und Barbera auf seiner Slick-Intermediate-Kombination sogar 34,9.

Die geringsten Verluste im Vergleich zu Marquez mussten Redding (21,8 Sek.) und Bautista (29,6) hinnehmen. Nicht miteingerechnet sind hier Iannone (der shon vor der 16. Runde stoppte) und Miller und Lorenzo (die nach bzw. in der 24. Runde stoppten).

Die größten Verlierer waren Aleix Espargaro, der zwischen 16. und 24. Runde 42,2 Sekunden auf Marquez einbüßte und Bradley Smith, der 38,7 Sekunden verlor. Beide wechselten auf Doppel-Intermediates.

Rossis verlorener Poker auf Intermediates

Yamaha verzockte sich am Sachsenring komplett. Nach der 21. Runde wechselte kein einziger Fahrer auf Doppel-Intermediate - mit Ausnahme von Rossi (Lap 23) und dem völlig inferioren Jorge Lorenzo (Lap 24). Im letzten Rennviertel herrschte aber bereits Slick-Wetter, weshalb vor allem die vorne und hinten profillos bereiften Honda-Fahrer nach vorne spülte.

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So war Crutchlow auf der Slick-Slick-Kombination in den letzten vier Runden der deutlich schnellste Fahrer der Spitzengruppe. Er erzielte im finalen Umlauf daher auch die schnellste Rennrunde. Rossi hingegen verlor auf seinen kalten intermediates alleine auf der ersten fliegenden Runde drei Sekunden. Besonders bitter: In den letzten zwei Runden war Rossi deutlich langsamer als Iannone und Redding, obwohl deren Doppel-Intermediates 10 bzw. 4 Runden mehr auf dem Buckel hatten.

Fazit

Durch den späten Boxenstopp vergab das Führungsquintett rund um Rossi und Dovizioso die Chance auf den Sieg. Marquez hatte im Poker das richtige Näschen und zog zur richtigen Zeit den richten Reifen auf. Dass nicht jeder Poker aufgehen muss, zeigte sich am frühen Intermediate-Wechsel von Andrea Iannone. Der schwächste Mann im Finish war Rossi, der selbst gegen gleichwertig bereifte Gegner keine Chance mehr hatte. Yamaha setzte sogar Lorenzo als vorletzten Stopper im gesamten Feld noch auf Intermediates, als längst klar war, dass Slick-Bedingungen herrschen. Ganz schwache Vorstellung der Japaner, die Honda im Titelkampf somit einen weiteren Big Point bescherten.