Auftakt zum zweiten Rennwochenende der Formel-E-Saison 2023: Am Donnerstagabend in Saudi-Arabien nahmen die Teams und Fahrer das 1. Freie Training in Angriff. Auf dem anspruchsvollen Wüstenkurs in Diriyah vor den Toren der Hauptstadt Riad steigen die Rennen Nummer 2 und 3 in der jungen Saison.

Freies Training schon am Donnerstag? Das ist im saudi-arabischen Wochenendtakt begründet, wo der Freitag und Samstag offiziell als freie Tage gelten. Die beiden Rennen steigen entsprechend am morgigen Freitag- sowie am Samstagabend. In Diriyah, wo die Formel E seit 2018 gastiert, steigen die einzigen Nachtrennen des Jahres unter künstlichem Flutlicht.

Jaguar und DS Penske auf den Spitzenpositionen

Entsprechend nahmen die 22 Fahrer am Donnerstagabend um 18:00 Uhr Ortszeit das 1. Freie Training im Dunkeln auf. Auf dem mit schier zahllosen LED-Lichtern bestückten Kurs hinterließ Sam Bird zum Auftakt den besten Eindruck. Der Jaguar-Pilot, der vor seinem 100. Rennen in der Formel E steht, benötigte 1:10.402 Minuten für die schnellste Runde auf dem 2,495 Kilometer langen Kurs mit seinen 21 Kurven.

Der zweifache Formel-E-Champion Jean-Eric Vergne (DS Penske) sortierte sich mit einem Rückstand von 0,084 Sekunden auf dem zweiten Platz in der Zeitenliste ein. Sein Teamkollege und amtierender Weltmeister Stoffel Vandoorne fuhr auf den vierten Rang, während sich mit Mitch Evans der zweite Jaguar-Pilot zwischen das DS-Duo quetschte. Vize-Weltmeister Evans wies bereits 0,340 Sekunden Rückstand zu seinem Teamkollegen Bird auf.

Rene Rast kollidiert mit Weltmeister Vandoorne

Auf den Plätzen fünf, sechs und sieben folgten Nick Cassidy (Envision), Dan Ticktum (NIO 333) und McLaren-Rookie Jake Hughes. Für seinen Teamkollegen Rene Rast begann das Training nicht wie geplant: Der McLaren-Pilot kollidierte nach rund fünf Minuten mit dem Heck von Stoffel Vandoornes DS Penske und beschädigte sich dabei den Frontflügel. In Turn 14 konnte der dreifache DTM-Champion und Formel-E-Rückkehrer seinem Vordermann nicht rechtzeitig ausweichen und musste den lädierten McLaren an die Box zurückschleppen.

Rast konnte die Fahrt wenig später wieder aufnehmen und weitere Kilometer sammeln, während die Rennleitung den Vorfall notierte. Bereits beim Saisonauftakt in Mexiko-City vor zwei Wochen verunfallte Rast im Freien Training, als er nach einem Ausrutscher in der langen Rechtskurve Peraltada seinen McLaren in die Streckenbegrenzung setzte.

Foto: LAT Images

Porsche hinten - Kelvin van der Linde Schlusslicht

Die Top-10 des 1. Freien Trainings komplettierten Sebastien Buemi (Envision), Mexiko-Polesetter Lucas di Grassi (Mahindra) und Mexiko-Sieger Jake Dennis (Andretti) auf den Plätzen acht, neun und zehn. Rast war trotz seiner frühen Kollision auf Platz 15 der bestplatzierte Fahrer aus Deutschland. Eine Position dahinter folgte Pascal Wehrlein (Porsche), sein Teamkollege Antonio Felix da Costa ordnete sich auf P20 ein. Maximilian Günther (Maserati) und Andre Lotterer (Andretti) belegten die Plätze 19 und 21.

Das Schlusslicht im Feld der 22 Piloten bildete Kelvin van der Linde (Abt-Cupra), der in Saudi-Arabien sein erstes Rennwochenende in der Formel E bestreitet. Der Südafrikaner, der den verletzten Robin Frijns bis zu dessen Rückkehr vertritt, verbrachte einen Großteil des Trainings in der Boxengasse. Erst gegen Ende der Session konnte der Audi-Sport-Pilot die Fahrt wieder aufnehmen und sich weiter mit dem ihm unbekannten Gen3-Auto der Äbte vertraut machen. Teamkollege Nico Müller beendete das Training auf Platz 18.

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DS-Doppelführung zur Halbzeit

Zur Halbzeit der 30-minütigen Session führte Stoffel Vandoorne die Zeitenliste vor seinem DS-Teamkollegen Jean-Eric Vergne an. Bis zu diesem Zeitpunkt brauchte der Belgier 1:11.219 Minuten für seine beste Runde auf dem staubigen Wüstenkurs. Auf den Plätzen drei bis fünf folgten Sergio Sette Camara, Jake Hughes und Sebastien Buemi in einem Abstand von weniger als einer Zehntelsekunde.

Wie im Vorfeld des Rennwochenendes von Experten erwartet, reichten die Rundenzeiten mit den neuen Gen3-Autos nicht annähernd an die bisher aufgestellten Bestwerte in Diriyah heran. Im Vorgängermodell Gen2 benötigte Formel-1-Umsteiger Nyck de Vries 1:06.835 Minuten im Qualifying und stellte damit einen Streckenrekord auf. Bird mit seinem Gen3-Jaguar war am heutigen Donnerstag rund vier Sekunden langsamer. Verbesserungen bei den Rundenzeiten sind an diesem Wochenende mit verbesserten Streckenbedingungen zu erwarten.

Weiter geht es mit dem 2. Freien Training am Freitag um 11:30 Uhr deutscher Zeit. Das erste von zwei Rennen in Saudi-Arabien steigt am Freitagabend um 20:00 Uhr Ortszeit (ab 18:00 Uhr live im TV auf ProSieben).

Formel E testet Notfall-Bremse

Dem 1. Freien Training vorangegangen war ein Shakedown über 30 Minuten und damit eine Viertelstunde länger als üblich. Der Grund dafür: Alle Teams erhielten die Möglichkeit, das neue Notfall-Bremssystem auszutesten, das erstmals in Saudi-Arabien zum Einsatz kommt. Die von der FIA verordnete Zusatzbremse an der Hinterachse soll verhindern, dass Autos im Falle eines technischen Problems nicht ausreichend bremsen können.

Während die Autos bei Shakedowns üblicherweise mit einer stark reduzierten Leistung von 110 kW fahren, um die Systeme durchchecken zu können, waren am Donnerstagnachmittag 300 kW erlaubt. Vor dem Wochenende hatten bereits Jaguar und DS die Notfall-Bremse getestet, in Saudi-Arabien konnte der Rest des Starterfeldes nachziehen, um sich mit der Technik vertraut zu machen.

Warum die Formel-E-Autos der dritten Generation ein zusätzliches Bremssystem für den Notfall erhalten, hat Motorsport-Magazin.com am Dienstag in einem ausführlichen Artikel mit den wichtigsten Informationen beleuchtet:

Formel E Saudi-Arabien: Ergebnis 1. Freies Training

Pos. Fahrer Team Rundenzeit
1 Sam Bird Jaguar 1:10.402
2 Jean-Eric Vergne DS Penske 1:10.486
3 Mitch Evans Jaguar 1:10.742
4 Stoffel Vandoorne DS Penske 1:10.767
5 Nick Cassidy Envision 1:10.770
6 Dan Ticktum NIO 333 1:10.777
7 Jake Hughes McLaren 1:10.790
8 Sebastien Buemi Envision 1:10.811
9 Lucas di Grassi Mahindra 1:10.881
10 Jake Dennis Andretti 1:10.907
11 Edoardo Mortara Maserati 1:10.969
12 Sacha Fenestraz Nissan 1:11.061
13 Sergio Sette Camara NIO 333 1:11.119
14 Oliver Rowland Mahindra 1:11.121
15 Rene Rast McLaren 1:11.142
16 Pascal Wehrlein Porsche 1:11.229
17 Norman Nato Nissan 1:11.284
18 Nico Müller Abt-Cupra 1:11.364
19 Maximilian Günther Maserati 1:11.564
20 Antonio Felix da Costa Porsche 1:11.569
21 Andre Lotterer Andretti 1:11.727
22 Kelvin van der Linde Abt-Cupra 1:12.211