29 Rennen musste Porsche auf den ersten Sieg in der Formel E warten. Nach zwei sieglosen Saisons war es dann endlich soweit beim Mexiko-City ePrix 2022: Pascal Wehrlein bescherte dem Werksteam aus Zuffenhausen den ersten Triumph in der Elektro-Rennserie, der sich ob des zweiten Platzes durch Teamkollege Andre Lotterer sogar noch ein Stück weit besser anfühlte.

Eine noch deutlich längere Durstrecke konnte Wehrlein selbst beenden. Nach geschlagenen sechs Jahren, fünf Monaten und 14 Tagen stand der gebürtige Sigmaringer wieder ganz oben auf dem Podium. Sein letzter Sieg datierte auf den 29. August 2015, als Wehrlein auf dem Weg zur späteren DTM-Meisterschaft in Moskau mit Mercedes-Benz gewann.

Für Wehrlein hätte der Ort des Triumphes kaum passender sein können: 2021 verlor er im mexikanischen Puebla den Sieg nachträglich wegen eines falsch registrierten Reifens. Und 2019 büßte er den sichergeglaubten Sieg in Mexiko-City wenige Meter vor dem Zielstrich wegen mangelnder Energie in seinem Mahindra-Rennwagen ein.

Wehrlein: Revanche für verlorenen Sieg

"Mexiko ist der beste Platz für den ersten Sieg", jubelte Wehrlein nach seinem 35. Formel-E-Rennen, das er von der Pole Position gewann. "Ich war hier schon zweimal so nah dran, das fühlt sich an wie eine Revanche. Das Auto war mega und wir waren ab dem 1. Training vorne dabei."

Über den Erfolg dürfte sich auch Porsche-Vorstandsmitglied Michael Steiner gefreut haben, der als Teamvertreter mit auf dem beeindruckenden Podium mitten im Foro-Sol-Stadion feiern durfte. Wehrlein wollte es nicht so recht zugeben, doch auf dem Werksteam lastete nach der sieglosen Zeit kein geringer Druck. Schließlich gehört Porsche zu den Teams mit dem höchsten Etat in der Formel E.

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Wehrlein: "Druck kommt mehr von außen"

"Der Druck kommt mehr von außen, vor allem von euch Medien", meinte Wehrlein auf der Pressekonferenz nach dem dritten Saisonrennen. "Wir bleiben fokussiert und wissen, dass wir ein gutes Paket haben. Manchmal kam es zusammen, manchmal auch nicht. Wir sind noch relativ neu in der Meisterschaft und so langsam verstehen wir alles."

Grobe Fehler wie 2021 in Puebla sollen bei Porsche der Vergangenheit angehören, immerhin handelt es sich bei der Formel E um eine FIA-Weltmeisterschaft. Dafür soll auch der neue Teamchef Florian Modlinger sorgen, der zu Beginn der Saison von Formel-E-Gründungsmitglied Abt Sportsline - dem Einsatzteam von Aussteiger Audi - wechselte.

Porsche siegt mit Strategie-Coup

Mit Modlinger am Steuer ging die Strategie im durchaus knifflig zu beherrschenden Autodromo Hermanos Rodriguez mit seinem hohen Energie-Verbrauch perfekt auf. Das Ziel, im Rennen genau 40 Runden zurückzulegen und damit die vorhandene Energie im Auto optimal zu nutzen, ging perfekt auf.

"Das Porsche-Team hat heute eine bessere Wahl getroffen", zollte auch der Drittplatzierte Jean-Eric Vergne Respekt, der beim Zieleinlauf für Formel-E-Verhältnisse gigantische neun Sekunden Rückstand auf Wehrlein und Lotterer aufwies. "Es war nicht offensichtlich, dass es 40 Runden sein würden. Wir waren auf 39 Runden unterwegs."

Bei den exakt berechneten Energie-Reserven spielt in der Elektro-Rennserie jede Runde eine entscheidende Rolle. Dass der Plan derart gut aufgehen würde, durfte zu Beginn des Rennens noch bezweifelt werden. Wehrlein verlor die Führung in der Anfangsphase an Verfolger Edoardo Mortara, Lotterer büßte den dritten Platz an das Techeetah-Duo Vergne und Antonio Felix da Costa ein.

Doch mit fortschreitender Zeit des 45-minütigen Rennens wurde deutlicher, dass die Porsche mehr Energie für den Schlussspurt sparen konnten ohne zu viel Pace zu verlieren. "Die Strategie ging super auf", bestätigte Wehrlein. "Am Anfang war ich nicht ganz sicher, weil ich von zwei Autos überholt wurde. Aber am Ende hat es sich ausgezahlt. Wir hatten immer die 40 Runden als Ziel."

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Wehrlein dankt Teamplayer Lotterer

Bedanken wollte sich Wehrlein nicht nur bei den Porsche-Strategen, sondern auch bei Teamkollege Lotterer. Der dreifache Le-Mans-Sieger, von Platz drei gestartet, hatte beim Zieleinlauf nur drei Zehntelsekunden Rückstand. Einen Angriff für den Sieg - es wäre ebenfalls sein erster in der Formel E gewesen - sparte sich der gebürtige Duisburger aber zum Wohle des Teams.

Wehrlein: "Andre hat einen tollen Job gemacht. Das war sehr gutes Teamwork. Wenn wir miteinander gekämpft hätten, hätten wir wahrscheinlich viel Zeit verloren und nicht die 40 Runden geschafft. Das Team hat es heute verdient."

Lotterer akzeptierte die teaminterne Niederlage: "Ich hatte einen kleinen Fehler im Qualifying, der mich in diese Position gebracht hat. Wir hatten von Beginn an eine klare Teamwork-Strategie, uns auf das Rennen zu fokussieren und nicht gegeneinander zu kämpfen. Für das Team hat es sich ausgezahlt und ich muss nächstes Mal im Qualifying einfach vorne sein. Glückwunsch an Pascal, der es nach dem geklauten Sieg im Vorjahr verdient hat."