Alpine wollte ihn, McLaren bekam ihn. Nach einem regelrechten Kampf um Oscar Piastri wurde im September 2022 bekannt gegeben, dass der Australier in der kommenden Saison seinen Landsmann Daniel Ricciardo bei McLaren ersetzen wird. Der 21-Jährige gilt im Formel-1-Paddock als Supertalent: Meister in der Formel 3, Meister in der Formel 2, Erfahrung bei einer Vielzahl von privaten Testfahrten mit Alpine. Die Vorbereitung auf seinen F1-Einstieg hätte nicht besser sein können.

Oscar Piastri: Der erste Kontakt mit dem Motorsport

Die Liebe für den Motorsport wurde Piastri mehr oder weniger in die Wiege gelegt. "Schon meine beiden Großväter waren als Mechaniker tätig. Mein Vater arbeitete ebenfalls in der Automobilindustrie. Die Richtung zeichnete sich gewissermaßen also schon früh ab", so Piastri im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Ursprünglich ging die Karriere des Australiers aber in eine andere Richtung. In seiner Kindheit nahm er mit funkgesteuerten Modellautos (RC-Cars) an den australischen Meisterschaften teil. "Als ich ungefähr 5 oder 6 Jahre alt war, kaufte mir mein Vater ein ferngesteuertes Auto, mit dem ich dann 3 oder 4 Jahre lang Rennen fuhr, bevor ich 2010 mit dem Kartfahren begann", sagt der McLaren-Neuzugang.

Oscar Piastri: Der Weg nach Europa

Piastri hinterließ schon in jungen Jahren einen positiven Eindruck. Nachdem er bereits im Kartsport vereinzelte Titel abgeräumt hatte, machte er sich anschließend auf den Weg nach Europa. "Angefangen habe ich in Australien, bis 2016, dann bin ich für eine Saison nach Europa gewechselt, 2016 dort gefahren und dann gleich in den Formelsport gewechselt. Das meiste an Karting habe ich in Australien gemacht", so der Australier.

Oscar Piastri ging in der Formel 2 für Prema an den StartFoto: LAT Images

Einfach war das für den Piloten aus Down Under aber nicht. Mit gerade einmal 15 Jahren ist er an das andere Ende der Welt gezogen, um seinen Traum zu verwirklichen: Die Formel 1. "Ich wusste, wenn ich die Formel 1 erreichen will, oder überhaupt professionellen Motorsport, dann muss ich nach Europa, wenn ich bis ganz an die Spitze will", sagt Piastri. "Sobald dann das neue Schuljahr im September begonnen hat, bin ich auf ein Internat gegangen. Es gab viele Leute, die zwar nicht in derselben, aber in einer ähnlichen Situation waren - weit weg von Zuhause - und ich schloss viele gute Freundschaften, die meinen Weg um einiges erleichtert haben."

Formel 1: Das Wunderkind Oscar Piastri?

Sein erster Kontakt mit dem Formelsport war dann die Formel-4-Meisterschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Dort nahm er 2016 zusammen mit Dragon F4 an drei Rennen teil. Ein Jahr später erhielt der Australier bei Arden International in der britischen Formel-4-Meisterschaft zum ersten Mal einen Sitz für eine volle Saison. Am Ende wurde er Vizemeister. 2018 nahm er mit dem gleichen Team am Formel Renault Eurocup teil, holte sich aber erst 2019 zusammen mit R-ace GP den Titel.

Ab diesem Punkt ging es für den Australier nur noch bergauf. 2020 startete er nicht nur mit Prema Racing in der Formel-3-Meisterschaft, er wurde gleichzeitig in die Renault-Sport-Academy aufgenommen. Nach einem engen Titel-Kampf mit Théo Pourchaire und Logan Sargeant wurde er mit 164 Punkten Formel-3-Champion.

Piastri wurde 2020 in der Renault-Sport-Academy aufgenommenFoto: LAT Images

Im Jahr 2021 kletterte er auf der Karriereleiter eine weitere Stufe nach oben. Zusammen mit Prema Racing debütierte Piastri in der Formel-2-Meisterschaft. Dabei holte er sich mit sechs Rennsiegen und elf Podiumsplätzen nach nur einer Saison den Titel. Erreichen konnten das bisher nur Nico Rosberg, Lewis Hamilton, Nico Hülkenberg, Charles Leclerc und George Russell. "Ich glaube, das Jahr in der F2 war wahrscheinlich bis jetzt das beste meiner Karriere. Ich hatte meinen Zenit am richtigen Zeitpunkt würde ich sagen", so Piastri.

Noch im November 2021 gab Renault den Australier als Test- und Ersatzfahrer in der Formel 1 bekannt. Zusammen mit Alpine konnte Piastri am Ende des Jahres zum ersten Mal seine Runden in einem Formel-1-Auto drehen. Es folgte eine Reihe an privaten F1-Tests mit den Franzosen, die viel Zeit, Geld und Energie in die Entwicklung des Supertalents steckten. Das Ziel: Ein Formel-1-Cockpit im Alpine-Werksteam - gegebenenfalls erst eine F1-Lehre bei Williams, wie sie zuvor schon George Russell absolvierte. Aber es sollte anders kommen…

Alpine vs. McLaren: Die Schlacht um Oscar Piastri

Zur Sommerpause 2022 kam es zum großen Kampf um den Australier. Fernando Alonso gab nur wenige Tage nach der Rücktrittsankündigung von Sebastian Vettel seinerseits bekannt, dass er das französische Team für Aston Martin verlassen würde. Da Piastri zu diesem Zeitpunkt noch im Alpine-Juniorenprogramm untergebracht war, sollte der Australier den Spanier ersetzen. Das französische Team verkündete Piastri daraufhin kurzerhand als Stammfahrer.

Oscar Piastri bei den Testfahrten in Abu DhabiFoto: LAT Images

Kurze Zeit später kam dann auch schon die Abrechnung des Australiers. In einem Social-Media-Beitrag bestritt er, einen Vertrag mit Alpine abgeschlossen zu haben. Was das französische Team zu diesem Zeitpunkt nicht wusste: Piastri hatte bereits einen Vertrag bei McLaren unterschrieben. Die Angelegenheit ging daraufhin vor das CRB (Contract Recognition Board) und wurde zugunsten des Australiers entschieden, der 2023 nun sein F1-Debüt an der Seite von Lando Norris geben wird.