Am letzten Wochenende sicherte sich Felipe Drugovich in Monza den Titel in der Formel 2. Nur einen Tag später wurde er auch als erstes Mitglied der neu gegründeten Nachwuchs-Akademie des Formel-1-Teams von Aston Martin bekanntgegeben. Gleichzeitig übernimmt Drugovich in Silverstone auch eine Rolle als Ersatz- und Trainingsfahrer.

Für ein Stammcockpit in der Formel 1 befand sich der frisch gekrönte F2-Champion aber in der turbulenten Silly Season nie in der Diskussion. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Drugovich sicherte sich erst in seiner dritten Formel-2-Saison den Meistertitel. Toptalente wie Oscar Piastri, George Russell oder Charles Leclerc waren schon im ersten Jahr erfolgreich, Pierre Gasly und Mick Schumacher in ihrer zweiten F2/GP2-Saison.

Aston-Martin-Reserve anstatt Indycar-Topplatz

Aus diesem Grund wurde Felipe Drugovichs lange Zeit in anderen Rennserien gehandelt. Einige Indycar-Teams hatten beispielsweise ein Auge auf den Brasilianer geworfen und befanden sich in Verhandlungen mit dem Management des F2-Dominators. Allen voran Chip Ganassi Racing - eines der Topteams der Serie - das nach dem rechtlichen Streit um Ex-Champion Alex Palou noch ein Cockpit zu vergeben hat.

Stattdessen entschloss sich Drugovich sein großes Formel-1-Ziel weiterzuverfolgen und in die Reservistenrolle bei Aston Martin zu schlüpfen. Bei der Bekanntgabe versprach das Team von Lawrence Stroll dass Drugovich ein TPC-Testprogramm mit dem Aston Martin von 2021 erhalten wird. Außerdem nimmt der 22-Jährige am ersten Freien Training in Abu Dhabi teil, sowie am Young-Drivers-Test nach Saisonende.

Die Chancen auf einen Stammplatz bei dem Team aus Silverstone stehen allerdings auch längerfristig nicht sonderlich gut: Fernando Alonso stößt 2023 mit einem Mehrjahres-Vertrag ausgestattet zu Aston Martin, Lance Stroll hat als Sohn des Teambesitzers sowieso so etwas wie eine Stammplatz-Garantie.

Drugovich hofft, dass er dennoch seine Chance in der Königsklasse erhält. "Der Formel-2-Titel wird mir eine Menge Möglichkeiten eröffnen und hoffentlich mich eines Tages auch in die Formel 1 bringen. Das ist mein Hauptziel und dafür werde ich kämpfen", sagte der brasilianisch-italienische Doppelstaatsbürger mit österreichischen Wurzeln im Rahmen des Monza-Wochenendes.

Brasilien ist ein riesiger Markt für die Formel 1 mit einer begeisterten Fan-Szene. Seit dem Karriereende von Felipe Massa 2017 fehlt der Königsklasse aber ein brasilianischer Fahrer. Drugovich baut darauf, dass er sein Heimatland wieder auf die Grand-Prix-Bühne bringen kann: "Ihnen (den brasilianischen F1-Fans) fehlt wirklich jemand in der Formel 1 und ich hoffe, dass ich mein Land eines Tages vertreten kann", betonte er nach seinem Titelgewinn.

Drugovich: Sein Weg zum Formel-2-Titel

Der Weg in die Formel 2 verlief für Drugovich alles anderes als geradlinig. Seine Nachwuchskarriere startete Drugovich in der deutschen Formel 4. In seiner zweiten Saison schloss er die Meisteschaft auf dem dritten Rang ab. Erst über den Umweg EuroFormula Open, wo er übrigens überlegen Meister wurde, gelangte er 2019 in die Formel 3. Mit nur einem Punktefinish in 16 Rennen, fiel seine Bilanz aber sehr mager aus.

Umso überraschender kam 2020 sein Aufstieg in die Formel 2, wo er von Anfang an stark dabei war. Gleich an seinem ersten Wochenende im höchsten Nachwuchs-Championat triumphierte er im Sprintrennen. Zwei weitere Siege folgten auf dem Weg zu Meisterschaftsrang 9. Obwohl er 2020 von MP Motorsport zum erfolgreicheren Virtuosi-Team wechselte, blieb eine signifikante Leistungssteigerung aus.

Erst 2022 gelang ihm dann - zurück bei MP Motorsport - der Durchbruch. Die Statistiken seiner Meistersaison lesen sich beeindruckend: Zwei Rennen vor Schluss liegt er mit insgesamt fünf Saisonsiegen - vier davon im Hauptrennen - 77 Punkte in Front und auch im Qualifying zählt er mit einer Durchschnittsplatzierung von 4,8 zu den Besten. Demgegenüber stehen nur zwei DNFs bei 26 umkämpften und üblicherweise ausfallreichen F2-Rennen.

Vorbild Nyck De Vries?

Trotz dem Aston-Martin-Deal befindet sich ein Start bei einem Formel-1-Rennen für Drugovich wohl noch in weiter Ferne. Wie schwierig es Fahrer haben, die erst spät in der F2 erfolgreich waren, zeigt Nyck De Vries. Der Niederländer krönte sich ebenfalls erst in seinem dritten Jahr zum Formel-2-Champion.

De Vries kam erst über Umwege und durch den Ausfall eines Stammpiloten am vergangenen Wochenende in Italien zu seinem Formel-1-Debüt. Für 2023 steht er hoch im Kurs als potenzieller Stammfahrer bei Williams. Der Niederländer beweist also immerhin: Für Drugovich ist der Zug in die Königsklasse noch nicht abgefahren.