Audi steigt in die Formel 1 ein. So richtig daran glauben mochte ich lange Zeit nicht, das gebe ich offen zu. Zu oft schon war der VW-Konzern nahe dran einzusteigen, und machte es am Ende dann doch nicht. Eine Sensation war die Meldung am Freitag in Spa jedoch nicht mehr. Zuletzt war es ein offenes Geheimnis. Die Meldung mag keine Sensation sein, die Tatsache und die Art und Weise hingegen schon.

Motorsport ist zu oft Etikettenschwindel. Hersteller rühmen sich gerne mit Erfolgen, haben aber oftmals nicht viel damit zu tun. Geld wird bezahlt, ein Sticker kommt aufs Auto, fertig. Bestes Beispiel dafür ist derzeit Alfa Romeo bei Sauber.

Audi wählt einen anderen Weg. Beim Chassis ist die Sache noch nicht ganz klar, aber mehr als ein Sticker wird es auf jeden Fall - auch wenn man kein eigenes, neues Team gründet. Die Entscheidung, selbst Motoren zu bauen, ist ohnehin von biblischem Ausmaß.

Es wäre untertrieben, das Projekt mutig zu nennen. Audi beginnt bei null. In Neuburg muss zunächst einmal die nötige Infrastruktur geschaffen werden. Auch wenn es schon den ein oder anderen Prüfstand gibt, die Fabrik auf Formel-1-Niveau zu bekommen, ist eine Mammutaufgabe für sich.

Audi startet ab 2026 in der Formel 1! Aber mit welchem Team?: (09:27 Min.)

Mercedes, Ferrari, Renault, Honda und auch Red Bull Powertrains brauchen sich mit der Infrastruktur nicht mehr herumplagen. Dazu hat man - auch wenn die MGU-H entfällt - einen riesigen Erfahrungsvorsprung beim Motor. Selbst Red Bull Powertrains hat bereits einen V6 auf dem Prüfstand.

Eigentlich müsste Audi sofort damit beginnen, den Rückstand aufzuholen. Aber so einfach geht das nicht. Die Expertise für Rennmotoren in Neustadt an der Donau ist beschränkt. Das Personal dafür zu bekommen, wird ein Prozess. Zumal Red Bull Powertrains den Markt soeben erst geplündert hat.

Früher kamen Hersteller und hatten gute Chancen, konkurrenzfähig zu sein. Im finanziellen Wettrüsten saßen sie am längeren Hebel. Auch wenn Toyota und Honda abschreckende Beispiele waren, Geld war immer ein Vorteil. Das ist in Zeiten der Budgetobergrenze anders. Audi kann nicht einfach Millionen in den Ring werfen und sich einen Vorteil erkaufen. Alle haben finanziell die gleichen Möglichkeiten.

Die insgesamt 25 Millionen Zugeständnis für neue Hersteller sind da nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Dazu gibt es keine zusätzlichen Prüfstandstunden für Neulinge. Das Technische Reglement wurde nicht so stark geändert, wie es Audi und Red Bull Powertrains gerne gesehen hätten.

Das Motorenprojekt ist also mindestens ambitioniert. Dazu kommt das Team, wie die Entscheidung auch immer aussehen mag. Mit Ferrari, Mercedes und Red Bull gab es nur drei Teams, die in den letzten zehn Jahren aus eigener Kraft siegfähig waren, selbst mit Regeländerungen. Dass man den Schalter - auch mit Geld - nicht so schnell umlegen kann, zeigt derzeit Aston Martin.

Allein ein Team - selbst mit dem besten Motor - in die Liga der Top 3 zu bekommen, ist eine Aufgabe, die ihresgleichen sucht. Das Risiko, das Audi auch auf dieser Seite eingeht, ist immens. Jetzt mag man sagen: Zumindest ist das finanzielle Risiko überschaubar. Schließlich gibt es ja die Kostenobergrenze.

Die gibt es und die verhindert auch eine komplette Kosteneskalation. Auf Team-Seite minimiert sie das finanzielle Risiko sogar fast komplett. Aber auf Motoren-Seite werden 2023 105 Millionen US-Dollar ausgegeben, 2024 noch einmal 105 Millionen US-Dollar und 2025 immerhin noch 100 Millionen US-Dollar. Und das nur für die Entwicklung. Ohne dass ein Audi-Motor auch nur eine Rennrunde dreht.

In den 310 Millionen US-Dollar sind noch nicht einmal die Investitionen für die Infrastruktur enthalten. Bevor der erste Audi-Motor den ersten Tropfen E-Fuel im Rennbetrieb verbrennt, verbrennt Ingolstadt Insidern zufolge schon fast eine halbe Milliarde.

Das Audi-Engagement ist für Motorsportler großartig. Es ist ehrlich, es ist wirklich Audi. Es ist aber auch gefährlich. Eine Erfolgsgarantie gab es in der Formel 1 nie, nie aber gab es weniger Möglichkeiten, sich den Erfolg zu erkaufen. Der Erfolg muss bei einem Hersteller her. Und Erfolg heißt: Gewinnen.