Der Start in die neue Ära der Formel 1 ist gelungen. Trotz umfassender Regeländerung lag das gesamte Feld im 2. Freien Training zu Bahrain GP 2022 innerhalb von 2,8 Sekunden. Nur Williams scheint hinten etwas abzufallen, die restlichen Autos bewegen sich sogar innerhalb von zwei Sekunden. Das Mittelfeld scheint dabei wild durcheinandergewürfelt, Mercedes mittendrinnen. Und vorne? Da scheinen Red Bull und Ferrari das Treppchen unter sich auszumachen.

Die Tagesbestzeit ging an Max Verstappen. 0,087 Sekunden war der Weltmeister schneller als Charles Leclerc auf Rang zwei. "Aber Ferrari hat dafür noch einen weiteren Reifensatz gebraucht", wirft Red Bulls Motorsportchef Dr. Helmut Marko ein. Tatsächlich nutzten Charles Leclerc und Carlos Sainz jeweils zwei Sätze der weichen Reifen zusätzlich zum Medium-Satz.

Einen großen Unterschied wird das aber wohl nicht machen. Das 3. Freie Training findet bei Tageslicht statt. Die Bedingungen bei deutlich heißeren Temperaturen sind nicht repräsentativ. Da nutzte Ferrari lieber einen Satz bei repräsentativeren Bedingungen und fährt wohl am frühen Samstagnachmittag mit einem gebrauchten Satz.

Red Bull mit Übergewicht und Updates

Bei Red Bull und Ferrari klangen die Piloten durchwegs happy. Trotzdem waren Verstappen und Leclerc Einzelkämpfer. Bei den Bullen keine Neuheit. Sergio Perez scheint auch in seiner zweiten Saison bei Red Bull deutlich hinter Verstappen zu sein. Bei Ferrari geht es im Normalfall enger zu. Carlos Sainz klagte im 2. Training über Setup-Probleme. "Wenn wir das Gefühl vom 1. Training zurückbekommen, bin ich bereit", so der Spanier.

Red Bull könnte sogar noch etwas im Köcher haben. Verstappen fuhr im ersten und letzten Sektor Bestzeit. Im Mittelsektor verlor er etwas. Dort macht sich Gewicht besonders bemerkbar. Und: Red Bull soll am Samstag noch neue Teile bekommen, die das Gewicht noch etwas drücken sollen. Trotzdem wir der RB18 noch mit Übergewicht in die Qualifikation starten.

Mercedes fehlt Anschluss an Red Bull und Ferrari

Für Mercedes sieht es hingegen nicht besonders gut aus. Im 1. Training testete man unterschiedliche Unterböden. Lewis Hamilton bekam eine neue Variante, mit der man versuchte, das Bouncing in den Griff zu bekommen. Am Nachmittag fuhren wieder beide Piloten mit dem alten Unterboden. Das Bouncing-Problem konnte nicht behoben werden.

Bei Hamilton kamen im 2. Freien Training auch noch Bremsprobleme und ein defektes DRS dazu. Deshalb landete er sogar nur auf Rang neun hinter Mick Schumacher. Repräsentativer ist da schon George Russels vierter Platz mit knapp sechs Zehntelsekunden Rückstand.

Mehr als drei Zehntel davon verlor Russell schon in den ersten beiden Kurven. Im Mittelsektor ist der Brite sogar auf dem Niveau von Red Bull und Ferrari. Im letzten Sektor verlor Russell, weil er wegen Verkehr kurz vom Gas gehen musste etwas.

"Red Bull liegt 0,8/0,9 Sekunden vor uns, und Ferrari hat eine halbe Sekunde Vorsprung, so dass wir uns mit den Verfolgern herumschlagen müssen", rechnet Formel-1-Rekordsieger Lewis Hamilton vor. Strecken-Chefingenieur Andrew Shovlin beruhigt nur bedingt: "Es gibt einige relativ einfache Verbesserungen, die wir über Nacht an der Balance vornehmen können, aber mehr als ein paar Zehntel werden wir dadurch nicht finden."

Formel-1-Training Bahrain: Topspeeds aller Fahrer

Fahrer Team Motor km/h
Magnussen Haas Ferrari 320
Verstappen Red Bull Honda 317,7
Alonso Alpine Renault 315,7
Gasly AlphaTauri Honda 314,9
Schumacher Haas Ferrari 314,4
Ocon Alpine Renault 314
Tsunoda AlphaTauri Honda 313,5
Sainz Ferrari Ferrari 313,3
Bottas Alfa Romeo Ferrari 312,9
Albon Williams Mercedes 312,7
Leclerc Ferrari Ferrari 311,8
Latifi Williams Mercedes 311,7
Perez Red Bull Honda 311
Zhou Alfa Romeo Ferrari 310,1
Ricciardo McLaren Mercedes 309,1
Norris McLaren Mercedes 308,1
Russell Mercedes Mercedes 307,7
Stroll Aston Martin Mercedes 306,8
Hulkenberg Aston Martin Mercedes 303,8
Hamilton Mercedes Mercedes 289,2

Haas präsentiert sich stark, McLaren schwächelt

Die Frage ist, wie viel der Mercedes-V6 noch im Köcher hat. Auch ohne Hamiltons DRS-Probleme waren die Topspeed-Werte aller Mercedes-Fahrer bescheiden. Sechs von acht Mercedes-befeuerten Boliden liegen auf den letzten sechs Ränge. Nur die beiden Williams waren auf den Geraden etwas schneller, rissen aber auch keine Bäume aus.

Hinter Red Bull, Ferrari und Mercedes geht es eng zu. Alpine, Alfa Romeo und Haas lagen innerhalb von nur zwei Zehntelsekunden. Dabei fuhr Mick Schumacher seine schnellste Runde erst im zweiten Versuch auf den Soft-Reifen. Schumacher (Platz acht) hätte durchaus noch weiter vorne landen können.

McLaren ist derweil das Sorgenkind. Für die Bremsbelüftungen konnten immer Interims-Teile aus Metall gefertigt werden. Die Temperaturen sind nun im Griff. Aber die Performance stimmt noch nicht. Hoffnungsschimmer: McLaren fuhr in der vergangenen Saison stets ein sehr konservatives Trainingsprogramm am Freitag. Im Qualifying sollte man sich von AlphaTauri und Aston Martin absetzen können. Williams scheint vorerst die klare Rote Laterne innezuhaben.

Formel-1-Training Bahrain: Longruns auf Soft-Reifen

Fahrer Reifen-Alter Stint-Länge Durchschntl. Zeit
Alonso 9 1 1:37,274
Verstappen 15 9 1:37,472
Leclerc 11 2 1:37,499
Perez 16 8 1:38,102
Hülkenberg 9 3 1:38,115
Bottas 15 6 1:38,335
Magnussen 14 6 1:38,471
Sainz 12 5 1:38,522
Russell 17 10 1:38,647
Ocon 15 8 1:38,833
Gasly 14 6 1:38,878
Stroll 16 7 1:39,306
Zhou 21 7 1:39,418
Norris 21 14 1:39,708
Latifi 19 11 1:40,070

Formel-1-Training Bahrain: Longruns auf Medium-Reifen

Fahrer Reifen-Alter Stint-Länge Durchschntl. Zeit
Bottas 15 1 1:38,169
Alonso 15 8 1:38,614
Hamilton 18 9 1:38,756
Ocon 10 2 1:38,865
Gasly 10 1 1:38,878
Tsunoda 17 7 1:39,441
Schumacher 19 8 1:39,802
Hülkenberg 13 6 1:40,116
Albon 17 6 1:40,156
Hülkenberg 19 4 1:40,900

Longruns mit wenig Aussagekraft

Die Longruns zeigen kein deutlich anderes Bild - auch an der Spitze. Weil die Sessions 2022 wie in der Vorsaison nur noch 60 Minuten dauern, sind aussagekräftige Dauerläufe ohnehin Mangelware. Manche Piloten versuchen es dennoch auf zwei Reifenmischungen, was in den meisten Fällen zu Longruns führt, die den Namen nicht einmal verdient haben.

Weil Ferrari zwei Qualifying-Simulationen probierte, blieb noch weniger Zeit für Longruns. Deshalb gibt es keine wirkliche Referenz für die Verstappen-Zeit. Fest steht nur: Im Longrun scheint Mercedes noch mehr Probleme zu haben, als auf eine Runde. Russell fuhr auf Soft nur im Mittelfeld, Hamilton auf Medium auf Alonso-Niveau.

Fazit: Max Verstappen geht als Favorit in das erste Qualifying der Formel-1-Saison 2022. Dahinter kämpfen die beiden Ferrari-Piloten gegen Sergio Perez. Möglicherweise kann Mercedes auf eine Runde noch einen entscheidenden Schritt machen, für ganz vorne wird es aber nicht reichen.