Zum ersten Mal überhaupt sicherte sich Max Verstappen an zwei aufeinanderfolgenden Rennwochenenden die Pole Position. Satte zwei Zehntelsekunden brummte der Niederländer der Mercedes-Konkurrenz beim Red-Bull-Heimspiel in Österreich auf. In Anbetracht der kurzen Runde ein durchaus beachtlicher Vorsprung.

Mercedes ließ aber nichts unversucht, nachdem sich die Qualifying-Niederlage schon angedeutet hatte. Hamilton fuhr im Q3 sogar drei Runs, weil die kurze Rundenzeit auf dem Red Bull Ring und die verbliebenen Reifensätze das erlaubten. "So konnten wir alles aus dem Auto herausquetschen und die Pace auf unseren Outlaps bestmöglich kontrollieren, um die Reifen für unsere Autos zu verwalten", verrät Mercedes-Boss Toto Wolff.

Formel 1 Spielberg: Mercedes erneut auf Geraden verwundbar

Der Plan ging aber nur bedingt auf: Beim letzten Versuch überholte Hamilton einige Autos auf seiner Outlap, fuhr dabei von der Ideallinie und sammelte Marbles auf. Den schlechten Rundenbeginn versuchte er mit extra Einsatz wettzumachen, der in einem groben Fehler in der Zielkurve resultierte.

Glück im Unglück für Mercedes: Hamilton wurde zwar nur Dritter, startet aber aufgrund der Strafversetzung von Valtteri Bottas von Rang zwei. Mercedes verlor die Zeit einmal mehr auf den Geraden. Zunächst beim Rausbeschleunigen, schließlich am Ende der Geraden. Eine Kombination aus Motorleistung und Luftwiderstand.

Hamilton: Reine Mercedes-Pace reicht nicht gegen Red Bull

"Wir waren in dieser Saison generell im Rennen stärker als im Qualifying", wirft Wolff aber ein. Nur brachte Mercedes diese Tatsache in Frankreich recht wenig, als man einmal hinter Red Bull war. Zum Überholen fehlte der Topspeed.

Darüber macht sich Wolff auch in Österreich keine Illusionen: "Es wird ein Rennen, das von den Reifen entschieden wird. Vom Verschleiß, vom Abbau und von der Strategie." Der Unterschied: In Österreich scheint Red Bull noch eine Ecke stärker zu sein als in Frankreich. Das fürchtet auch Lewis Hamilton: "Im Renntrim waren sie eine Viertelsekunde vor uns. Ich glaube nicht, dass wir die reine Pace haben, sie zu überholen."

Formel 1 Spielberg: Das sagen die Longruns

Verstappen spielt die starke Red-Bull-Form herunter: "Im Longrun liegen wir eng zusammen. Das war gestern und morgen ist ein anderer Tag. Ich erwarte, dass es wieder eng wird." Die Zeiten selbst sind schwer zu lesen, weil die Teams am Freitag unterschiedliche Programme fuhren und die Longruns aufgrund der Wetterprognose auch schon am Vormittag absolvierten.

Formel 1, Österreich I: Longruns auf Soft-Reifen

Fahrer Reifen-Alter Stint-Länge Zeit Session Stint
Hamilton 21 11 1:09,559 FP2
Perez 19 10 1:09,933 FP2 1
Stroll 14 6 1:09,938 FP2 2
Sainz 31 20 1:10,143 FP2
Perez 20 10 1:10,148 FP1
Gasly 18 9 1:10,197 FP1
Bottas 18 9 1:10,249 FP2 1
Leclerc 27 15 1:10,254 FP1
Vettel 15 7 1:10,278 FP2 2
Sainz 22 13 1:10,291 FP1
Ricciardo 20 4 1:10,291 FP1
Norris 25 18 1:10,357 FP2 1
Alonso 24 11 1:10,407 FP1
Tsunoda 24 14 1:10,479 FP2
Bottas 18 8 1:10,547 FP1
Norris 21 12 1:10,619 FP1
Ricciardo 23 16 1:10,646 FP2
Ocon 19 7 1:10,668 FP1
Giovinazzi 27 15 1:10,724 FP2
Vettel 20 9 1:10,736 FP1
Stroll 19 10 1:10,792 FP1
Giovinazzi 19 7 1:10,977 FP1
Schumacher 13 5 1:11,376 FP2 1
Mazepin 18 9 1:12,687 FP1

Formel 1, Österreich I: Longruns auf Medium-Reifen

Fahrer Reifen-Alter Stint-Länge Zeit Session Stint
Verstappen 28 12 1:09,757 FP1
Hamilton 20 9 1:10,108 FP1
Alonso 27 16 1:10,148 FP2
Ocon 25 16 1:10,229 FP2
Russell 24 10 1:10,553 FP1
Ricciardo 20 4 1:10,590 FP1
Räikkönen 26 13 1:10,627 FP2
Stroll 29 15 1:10,668 FP2 1
Vettel 28 14 1:10,702 FP2 1
Tsunoda 24 10 1:10,708 FP1
Latifi 26 19 1:10,768 FP2
Schumacher 13 4 1:10,952 FP2 2
Schumacher 23 12 1:11,846 FP1
Mazepin 21 12 1:11,982 FP2

Formel 1, Österreich I: Longruns auf Hard-Reifen

Fahrer Reifen-Alter Stint-Länge Zeit Session Stint
Verstappen 31 13 1:09,712 FP2
Bottas 11 9 1:09,820 FP2 2
Perez 17 4 1:09,858 FP2 2
Russell 19 17 1:09,920 FP2
Leclerc 27 16 1:10,151 FP2
Norris 14 4 1:10,442 FP2
Latifi 20 8 1:10,862 FP1

Beim Duell vorne an der Spitze hat Verstappen die besseren Karten. Die Formel-1-Saison 2021 mag in der WM-Tabelle ein Kampf zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen sein, die Rennen werden aber auch durch ihre Mitstreiter Valtteri Bottas und Sergio Perez entschieden.

Wie helfen Bottas & Perez?

Weil er sich am Freitag in der Boxengasse drehte, muss Bottas in der Startaufstellung drei Plätze nach hinten. Startplatz fünf statt erste Reihe also für den Finnen. Damit ist er noch nicht aus dem Rennen, vor allem nicht aus dem Rennen, um Hamilton zu helfen, aber Red Bull wird das Spiel etwas leichter gemacht.

Denn Perez profitiert von Bottas' Strafversetzung. Der Mexikaner hatte ein verwachstes Qualifying und stellte den Red Bull eigentlich nur auf Rang fünf. Nun hat Perez nur noch Lando Norris zwischen sich und dem Führungs-Duo. Im Gegensatz zu Hamilton, Verstappen und Bottas startet Perez nicht auf den Medium, sondern auf den Soft-Reifen.

Sergio Perez bewusst auf Soft am Start

Das könnte ein interessanter Schachzug von Red Bull sein. Denn die Ingenieure zweifelten nicht daran, dass sich Perez mit dem Medium für Q3 qualifizieren könnte. Es war Kalkül, den Mexikaner auf Soft rauszuschicken. "Es ist der schnellste Weg, ins Ziel zu kommen", meint Perez. Die Strategie erfordert Reifen-Management, aber darin ist der zweifache GP-Sieger Meister.

"Checo muss schnell an Lando vorbei", fordert Teamchef Christian Horner. "Ich glaube das kann er schaffen und dann müssen wir versuchen, Druck auf Lewis zu machen." Auf dem Soft-Reifen sollte Perez zu Rennbeginn einen Vorteil haben. Für Red Bull wäre es das Nonplusultra, Perez früh im Rennen vor Hamilton zu bekommen.

Perez große Gefahr für Hamilton

Dann dürften Mercedes - zumindest was denn Rennsieg angeht - die Hände gebunden sein. Denn mehr als einen Stopp wird es unter normalen Umständen nicht geben. Selbst die Kombination aus Soft und Medium soll laut Pirelli eine veritable Einstopp-Strategie sein. Perez wäre dabei der perfekte Undercut-Block oder könnte seinerseits Hamilton mit einem Undercut unter Druck setzen.

Ein großes Fragezeichen steht allerdings hinter dem Wetter. Die Meteorologen prognostizieren für den Rennstart eine hohe Regenwahrscheinlichkeit. In der Vergangenheit war es Red Bull, das den Regentanz aufführte. "Wenn du vorne bist, willst du das aber nicht, da willst du kontrollierbare Umstände", meint Dr. Helmut Marko nun.

Regen droht: Mini-Heckflügel Nachteil für Red Bull?

Tatsächlich könnte Regen Mercedes entgegenkommen. Denn ein großer Teil von Red Bulls Geradeaus-Performance kommt vom kleinen Heckflügel. Im letzten Sektor, wo Abtrieb besonders gefragt ist, konnte Mercedes mithalten. Hamilton fuhr sogar um wenige Tausendstel schneller als Verstappen. Im Regen könnte sich der große Mercedes-Flügel bezahlt machen. Wie genau sich die Autos aber im Regen verhalten, ist noch unklar. In Imola machte Red Bull auch bei Nässe einen starken Eindruck.

Fazit: Im Renntrimm ist Mercedes 2021 besser als auf eine Runde. Die Frage ist nur, ob das übliche Delta reicht. Denn Red Bull scheint auf der Heimstrecke etwas weiter enteilt zu sein als vor einer Woche in Frankreich. Strategie und Regen sind die größten Hoffnungsträger für die schwarzen Silberpfeile.