Jede Menge los zum Auftakt der zweiten Woche der Formel-1-Testfahrten 2020 in Barcelona: Sebastian Vettel lieferte im Ferrari seinen ersten Dreher des Jahres, Mercedes-Motor im Williams erneut defekt, drei rote Flaggen, zweite Bestzeit für Alfa Romeo - durch Testfahrer Robert Kubica! -, neue Teile, viele Longruns, ewige Pausen bei Renault, Red Bull und AlphaTauri und insgesamt gleich 19 verschiedene Fahrer in den zehn Autos im Einsatz.

Das Ergebnis: Bestzeit für Robert Kubica in einer Formel-1-Session! Wer hätte damit noch einmal gerechnet? Am vierten F1-Testtag 2020 war es jedenfalls soweit. Niemand umrundete den Circuit de Barcelona-Catalunya schneller als der Pole. Am Vormittag brannte der Alfa-Tester im C39 eine 1:16.941 in den katalonischen Asphalt und sicherte Alfa Romeo damit die bereits zweite Tagesbestzeit der Wintertestfahrten. Wie in der Vorwoche Kimi Räikkönen benutzte Kubica dafür allerdings die weichsten C5-Reifen.

Die Messlatte Kubicas überdauerte somit auch die gesamte vierstündige Nachmittagssession. Erst kurz vor Tagesende ritten zwei Piloten überhaupt nochmal Attacken. Erst scheiterte jedoch Sergio Perez im Racing Point (+ 0,486 Sek.), dann Max Verstappen im Red Bull (+ 0,405 Sek.) Beide verwendeten den mittelharten C3-Reifen.

Hinter den Top-3 sortierte sich Danill Kvyat vor den Vormittagsfahrern Pierre Gasly und Alex Albon ein, gefolgt von Lewis Hamilton, Lance Stroll, Valtteri Bottas und Sebastian Vettel.

Die Rundenbilanz: Der Kilometerkönig auf dem Circuit de Barcelona-Catanlunya war diesmal ein logischer: Romain Grosjean war der einzige Vollzeitarbeiter des Tages, alle anderen Teams wechselten in der Mittagspause die Fahrer. Mit 107 Runden drehte somit niemand mehr Umläufe als der Franzose. Hamilton (89) und Vettel (84), beide nur am Vormittag im Cockpit, sowie Valtteri Bottas (90) fehlte jeweils dennoch nicht viel.

Extrem wenig Fahrpraxis sammelten Gasly (25) und Albon (29) bei ihren Einsätzen am Vormittag (vgl. Abschnitt Die Zwischenfälle). Insgesamt fiel das Rundenpensum trotz diverser Longruns am Nachmittag bei den meisten etwas geringer aus als noch in Woche eins. Außer natürlich bei Mercedes, das insgesamt wieder stabile 179 Runden abspulte. Mit 164 Runden auch gut dabei: Ferrari.

Formel 1 Testfahrten Barcelona 2020, Tag 4: Ergebnis, Runden, Reifen

P. Fahrer Team Zeit Reifen Runden
1 Kubica Alfa Romeo 1:16.942 C5 53
2 Verstappen Red Bull + 0.405 C3 84
3 Perez Racing Point + 0.486 C3 84
4 Kvyat AlphaTauri + 0.514 C3 61
5 Gasly AlphaTauri + 0.598 C4 25
6 Albon Red Bull + 0.608 C2 29
7 Hamilton Mercedes + 0.620 C2 89
8 Stroll Racing Point + 0.845 C3 43
9 Bottas Mercedes + 1.158 C3 90
10 Vettel Ferrari + 1.171 C3 84
11 Ricciardo Renault + 1.272 C2 53
12 Sainz McLaren + 1.279 C3 46
13 Leclerc Ferrari + 1.302 C3 80
14 Latifi Williams + 1.358 C4 48
15 Russell Williams + 1.593 C3 59
16 Grosjean Haas + 1.728 C3 107
17 Norris McLaren + 1.884 C2 57
18 Räikkönen Alfa Romeo + 2.573 C2 51
19 Ocon Renault + 4.600 C2 74

Die Zwischenfälle: Viel los in Barcelona - vor allem am Vormittag. Los ging es mit einem Dreher von Robert Kubica. Der Pole drehte sich bei seinem zweiten Einsatz im Alfa C39 nach gut einer Stunde beim Verlassen der Schikane, konnte jedoch ohne Unterbrechung weiterfahren.

Robert Kubica drehte sich nach der SchlussschikaneFoto: LAT Images

Fast exakt eine Stunde später sorgte der nächste Dreher für die erste rote Flagge des Tages. Dieses Mal hatte Sebastian Vettel seinen Ferrari SF1000 verloren. Durch die schnelle Links-Rechts-Kombination der Kurven 7-8 übersteuerte Vettel ins Kiesbett, beim Übergang zurück aufs Gras verlor der Deutsche das Heck und drehte sich nach versuchtem Gegenlenken letztlich gegen Fahrtrichtung. Weiterfahren konnte Vettel zwar, die folgende zehnminütige Unterbrechung der Session war auf zu viel auf die Strecke gewirbelten Kies zurückzuführen.

Nach diesen Aufräumarbeiten dauerte es keine halbe Stunde bis zur nächsten Pause. Für 15 Minuten Unterbrechung sorgte diesmal Nicholas Latifi - oder besser gesagt erneut sein Mercedes-Motor im Heck des Williams. Wie schon in Woche eins stellte der Kanadier mit rauchendem Heck ab. "Manche Motor-Probleme sind frustrierend", sagt Teamchefin Claire Williams. Erst fast 90 Minuten nach Beginn der Nachmittagssession mischte Williams, jetzt mit Russell, nach dem zweiten Motorwechsel der Wintertests wieder mit.

Ebenfalls extrem verspätet in den Nachmittag startete Renault. Zwei Stunden dauerte es, bis Esteban Ocon nach dem Fahrerwechsel von Daniel Ricciardo ins Geschehen eingriff. Zuvor hatte es lange Pausen auch am Vormittag gegeben - bei Red Bull und AlphaTauri. Beide Teams mit Honda-Motoren drehten weniger als 30 Runden. Bei Red Bull waren es längere Arbeiten an der Aufhängung, beim Schwesterteam soll sich auf einer Installationsrunde eine Leitung gelöst haben.

Fünf Minuten vor Schluss dann noch eine dritte Rotphase, weil zeitgleich Verstappen und Kvyat stehen blieben. Beim Russen deutete es stark auf einen Fuel-Run bei AlphaTauri hin, bei Verstappen war es ein noch nicht abschließend geklärte Dreher. War das vielleicht ein technischer Defekt? Dafür spricht, dass Verstappen nicht weiterfahren konnte. Die Session wurde durch die fast heruntergelaufene Zeit nicht mehr gestartet.

Die Technik: Wie angekündigt, warteten zahlreiche Teams in der zweiten Woche der Formel-1-Testfahrten 2020 mit Neuerungen an ihren Boliden auf. Ferrari brachte etwa einen neuen Heckflügel in Löffelform. In der ersten Woche war das untere Element noch gerade. Wahrscheinlicher Zusammenhang: Schlicht eine andere Spezifikation für unterschiedliche Streckenlayouts.

Ferrari, Woche 2Foto: LAT Images

Am anderen Ende des Autos legten Williams und Alfa Romeo Hand an. Beide Teams brachten einen neuen Frontflügel nach Barcelona. Alfa verpasste dem C39 zudem neue Winglets, unmittelbar vor dem Cockpit auf dem Chassis platziert. So etwas gab es bereits im Vorjahr. 2019 standen die Flügelchen wie Schnurrhaare ab, jetzt war es nur noch ein Duo, aber nicht mehr komplett clean wie noch in Woche eins.

Experimentalreifen für Zandvoort am MercedesFoto: LAT Images

Auch aus Reifensicht gab es einen Unterschied zur ersten Testwoche. Teilweise fuhren die Piloten mit unmarkierten Experimentalreifen. Wie Pirelli bereits vergangene Woche angekündigt hatte, dienten diese für Tests zur Vorbereitung auf die 2020 neuen Steilkurven von Zandvoort.