Schon seit einigen Jahren ist "let them race" ein geflügeltes Wort im Jargon der Formel 1. Es steht dafür, die Piloten frei fahren und kämpfen zu lassen. Die Rennleitung soll bei Zwischenfällen seltener eingreifen.

Beim Kanada GP ist in diesem Jahr die Diskussion um dieses Thema wieder hochgekocht. Beim Rennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve hatte Sebastian Vettel seine Führung verteidigt, indem er über das Gras der Auslaufzone gefahren war. Dafür ist er nachträglich bestraft worden und musste den Sieg Lewis Hamilton überlassen.

Zwei Rennen später, beim Österreich GP, entstand im Kampf um die Führung eine ähnliche Situation: Wenige Runden vor dem Rennende attackierte Max Verstappen den auf Platz eins liegenden Charles Leclerc. Verstappen bremste den Ferrari-Fahrer aus und ließ ihm am Kurvenausgang nur wenig Platz. Die Fahrzeuge berührten sich und Leclerc musste in die asphaltierte Auslaufzone ausweichen. Dennoch entschied die Rennleitung damals, keinen der beiden Piloten zu bestrafen.

Einige Beobachter konnten nicht nachvollziehen, dass in zwei ähnlichen Situationen unterschiedliche Entscheidungen getroffen wurden und fanden, dass die Linie, die Fahrer härter kämpfen zu lassen, nicht einheitlich gehandhabt worden sei. Denn auch beim Frankreich GP, der zwischen den beiden Rennen lag, legte die Rennleitung die Regeln streng aus: Daniel Ricciardo wurde bestraft, weil er bei einem Überholmanöver die Strecke verlassen hatte.

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Die Kritik, dass im Saisonverlauf unterschiedlich hart durchgegriffen worden sei, kann FIA-Rennleiter Michael Masi nicht nachvollziehen. Er sagte nach dem Saisonfinale in Abu Dhabi: "Von den Teams habe ich keine Beschwerden über inkonsistente Entscheidungen gehört."

FIA setzt Gespräche im Winter fort

"Wir dürfen nicht vergessen, dass wir schon in Bahrain ein 'let them race'-Meeting mit allen Fahrern und Teammanagern hatten", so der Australier. Auch danach wurde daran gearbeitet, einen Konsens zu finden, wie hart die Fahrer gegeneinander fahren dürfen. "Es ist ein fortlaufender Prozess durch das Jahr, in den die Schlüsselleute involviert waren: die FIA, die Formel 1, die Teamchefs, die Sportdirektoren und die Fahrer. Wir haben in diesem Jahr versucht, zu verstehen, was "let them race" aus ihrer Sicht bedeutet", erklärte Masi.

Die Gespräche zwischen der FIA und den Teilnehmern sollen auch im Winter fortgesetzt werden, um beim Saisonauftakt ein einheitliches Verständnis zu vermitteln, das dann für die gesamte Saison gelten kann.