Der Suzuka International Racing Course: Lieblingsstrecke vieler Fahrer, Mut-Kurs und legendäre Kurven am Stück. Aber: Suzuka gehört auch zu den schwierigsten Strecken im Rennkalender, allein schon wegen seiner traditionellen Kiesbetten, die keine Fehler erlauben. Am Freitag lag der Fokus des Geschehens vor allem in den beiden Degner-Kurven, die während den Trainings so einige Opfer forderten. Giedo van der Garde und Jules Bianchi rutschten in dieser Passage weg und beschädigten dabei ihre Autos. Der Marussia-Pilot verlor beim Fahren über den inneren Kerb die Kontrolle und schlug unsanft in die Reifenstapel der gegenüberliegenden Streckenbegrenzung. Der Schaden an seinem Boliden war so groß, dass der Franzose beim 2. Training aussetzen musste.

Bianchi: Opfer der Degner-KurvenFoto: Sutton

Auch Fernando Alonso und Pastor Maldonado hatten zu kämpfen. Der Ferrari-Star konnte seinen F138 in der ersten Degner-Kurve nicht mehr halten, hatte aber Glück und verhinderte einen Einschlag. Maldonado, der im 1. Training ein Rad verloren hatte und Williams deshalb 60.000 Euro Strafe zahlen musste, hatte weniger Glück: Der Venezolaner drehte sich in der 2. Session ebenfalls in der Degner-Kurve und musste bereits nach fünf Runden vorzeitig Feierabend machen.

Die doppelte Rechtskurve nach den berüchtigten Esses hat es in sich und fordert schon seit vielen Jahren ihren Tribut, wenn Fahrer die Passage nicht richtig erwischen. Die Kurven 8 und 9 werden mit rund 185 km/h im Durchschnitt durchfahren - ein Abflug endet häufig mit einem ordentlichen Blechschaden. Benannt wurden die Degner-Kurven übrigens nach einem Deutschen: Ernst Degner, einem Motorradfahrer, der zwischen 1956 und 1966 insgesamt 59 Rennen in der Motorrad-WM bestritt.

Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner kennt die Degner-Kurven aus seiner aktiven Zeit in der Formel 1 und auch aus anderen Kategorien. "Das ist eine komische Kurve, die ein bisschen nach außen hängt", erklärte er. "Jetzt ist auf der Innenseite auch noch ein ziemlich hoher Kerb. Wenn man da drüber fährt, wird man ausgehebelt - siehe Alonso. Das passiert durch das gesamte Feld hindurch. Das finde ich schon spannend." Nach Paddock-Gesprächen mit ehemaligen Weggefährten stellte Danner fest: "Mein Gott, in Degner sind wir alle schon mal rausgeflogen."

Gründe für die vielen Abflüge in den Degner-Kurven gibt es einige. Zum einen ist der Asphalt in diesem Abschnitt recht wellig, was die Autos auf dem Asphalt wegen ihrer harten Abstimmung pumpen lässt - dadurch hat der Fahrer zwar bessere Traktion, verliert das Auto bei einem kleinen Fehler aber auch schneller. Zudem kommt die Reifenproblematik zum Tragen. "Die Reifen sind nach dem ersten Sektor schon aufgeheizt", erklärte Lewis Hamilton. "Wenn man dann in Kurve neun ankommt, hat man nicht mehr viel Grip, weil die Reifen überhitzt sind. Deshalb kommt es leicht zu Übersteuern." In Suzuka werden wegen des Streckenlayouts vor allem die hinteren Reifen stark beansprucht - anders als zuletzt in Korea, wo vor allem der rechte Vorderreifen schnell abbaute und Graining auftrat. "Ich hatte Probleme mit dem Grip und habe das Heck verloren", erklärte Maldonado nach seinem ungeplanten Ausflug. "Deshalb bin ich von der Strecke abgekommen, was meine Ausfahrt dann beendete."

Maldonado: Abflug in den DegnersFoto: Sutton

Ein weiteres Problem in den Degner-Kurven sowie überhaupt in Suzuka sei laut Nico Rosberg die Sicht. "Es war heute schwierig da draußen, weil die Sonne so tief stand", so der Mercedes-Pilot. "Die Frontnase meines Autos ist silbern - wenn die Sonne voll von vorne da drauf scheint, sehe ich die Scheitelpunkte der Kurven nicht. Das ist sehr knifflig, ich fahre nur nach Gedächtnis." Mit dieser Situation könnten die Fahrer in den kommenden beiden Tagen noch stärker konfrontiert werden. Rosberg: "Im Rennen wird es noch schwieriger, weil die Sonne da noch tiefer steht."

Doch sind es nicht nur Kerbs, Reifen und die Sonne, die Fehler provozieren. Suzuka hat in seiner langen Geschichte schon die Größten zur Verzweiflung gebracht. "Viele Leute machen Fehler. Das liegt an der Natur der Strecke, die keine Fehler verzeiht", sagte Jenson Button, dessen Teamkollege Sergio Perez in der Spoon-Kurve abflog. "Ich sehe solche Unfälle wie Checos nicht gerne, aber man kann sehen, dass die Strecke einfach keine Fehler erlaubt und man ihr Respekt entgegenbringen muss." Button weiß, wovon er spricht: Der McLaren-Pilot startete bei zwölf Grands Prix in Suzuka und damit am häufigsten aller aktiven Fahrer.