In dieser Woche war es soweit: DTM-Neuling Robert Kubica nahm erstmals an einem offiziellen Test der Serie teil. Der Pole fuhr an allen vier Tagen im BMW M4 DTM von ART auf dem Nürburgring. Dabei legte er insgesamt 541 Runden zurück . Nur Audi-Fahrer Mike Rockenfeller war fleißiger und absolvierte 569 Runden. Kubica fuhr am Donnerstag mit 1:19.493 Minuten seine persönliche Bestzeit der Tests. Damit lag er etwas mehr als Fünfzehntel hinter dem Testschnellsten Ferdinand Habsburg auf dem zwölften Platz.

Für Kubica war es wichtig, viele Runden zu absolvieren, um sich mit dem neuen Arbeitsgerät vertraut zu machen. "Ich habe keine Erfahrung mit diesen Autos", sagt der ehemalige Formel-1-Pilot. "Die Wochenenden in der DTM sind sehr kompakt. Da gibt es nicht viel Zeit zum Lernen. Erfahrung spielt eine wichtige Rolle. Du brauchst auch ein bisschen Glück. Wir müssen unser Bestes geben und uns Wochenende für Wochenende verbessern", blickt der 35-Jährige auf die bevorstehende Saison.

Die Erfahrungen Formel 1, WRC und Sportwagen helfen ihm in der DTM nicht viel weiter: "Nach den ersten Tests habe ich das Gefühl, dass ich noch vieles herausfinden muss. Das Auto ist ganz anders als ein Formel-1-Auto. Auch ein DTM-Auto verfügt über ein sehr hohes Engineering, die Autos sind sehr sensitiv aufgrund der Reifen und der Aerodynamik. Es wäre falsch, zu sagen, dass es sich um einen klassischen Tourenwagen handelt. Es fühlt sich oft an wie ein Formelauto. Die DTM-Autos sind einzigartig, ein Mix aus allem. Es ist nicht das am leichtesten zu fahrende Auto, die Aero kompensiert das höhere Gewicht. Und es ist alles anderes als einfach, das Maximum herauszuholen."

Robert Kubica Interview: DTM auf gleichem Level wie Formel 1: (33:08 Min.)

Die Technik stellt Kubica trotz seiner jahrelangen Erfahrung in verschiedenen Rennserien auch in anderen Bereichen vor neue Herausforderungen. "Ich habe in der F1 zum Beispiel viele stehende Rennstarts gemacht. Aber mit dem Fuß auf der Kupplung war das letzte Mal vor 17 Jahren! In der DTM lerne ich nicht von null an, aber die Erfahrungen aus anderen Kategorien helfen nicht sehr viel", erklärt der Grand-Prix-Sieger.

Ungewöhnlicher Zeitplan der DTM

Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com präzisiert er, welche Erfolgsfaktoren in der DTM entscheidend sind, "Es gibt nicht diese eine Zutat oder Komponente, die hervorsticht, um konkurrenzfähig zu sein. Du musst alles im Griff haben. Wenn das Feld sehr eng zusammen ist, zählt jedes kleine Detail. Das Wochenendformat ist beispielsweise ziemlich einzigartig. Am Samstagmorgen kennst du die Streckenbedingungen nicht, musst aber sofort ins Qualifying starten. Und da sind teilweise Strecken dabei, auf denen ich seit gut 15 Jahren nicht mehr gefahren bin. All diese kleinen Dinge haben großen Einfluss auf die Performance."

Kubicas DTM-Einstieg wird auch dadurch erschwert, dass für ART der Umgang mit den aktuellen Class-1-Boliden neu ist. Der Rennstall ging zwar 2015 und 2016 als Werksteam für Mercedes in der DTM an den Start. Damals gab es aber noch keine Fahrzeuge mit Turbomotoren. Hinzu kommt: Kubica hat keinen Teamkollegen. ART setzt lediglich ein Auto ein. Dem Team fehlen damit auch wichtige Referenzwerte, um sich weiterzuentwickeln.

Auf dem Nürburgring bestritt Robert Kubica seinen ersten offiziellen DTM-TestFoto: BMW Motorsport

Auch die fahrerische Entwicklung leidet darunter. "Wenn du ein Rookie bist, ist es oftmals schon zu spät, bis du etwas verstanden hast", erklärt Kubica, der einst als BMW-Werksfahrer in der Formel 1 startete, auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Das ist der Preis, den du als Neuling zahlst. Viele Fahrer sind schon lange in der DTM dabei. Deshalb ist es für Rookies schwer, in der ersten Saison gut zu sein. Die DTM ist derart komplex und viele Faktoren verändern sich von Session zu Session. Wir müssen geduldig sein und können nicht erwarten, sofort auf dem Level der erfahrenen Teams und Fahrer zu sein."

Den Vergleich mit der Königsklasse des Motorsports braucht die DTM laut Kubica nicht zu scheuen. "Die Formel 1 ist die höchste Kategorie im Motorsport. Die WRC ist die höchste Rallye-Kategorie. Ich bin in beiden schon gefahren. Aber was den Wettbewerb betrifft, ist die DTM nicht weit entfernt. Für ehemalige Formel-1-Fahrer ist sie eine sehr fordernde Meisterschaft."

Kubica fuhr erstmals im Dezember beim Young Driver Test mit einem Fahrzeug der aktuellen Fahrzeuggeneration. Rundenzeiten wurden damals nicht veröffentlicht. Er soll dem Vernehmen nach auf Anhieb schnell und auf Augenhöhe mit anderen Fahrern gewesen sein. Dies war nicht sein erster Run in einem DTM-Boliden. 2013 testete er für Mercedes.

Rast und Wittmann geben Kubica Tipps

Laut dem amtierenden Champion Rene Rast ist die Erfahrung, die der DTM-Rookie beim Test sammeln konnte, von großer Bedeutung. "Das Wichtigste ist, viele Runde zu fahren. Das hilft, das Auto und die Reifen zu verstehen", sagt der Audi-Pilot. "Wenn ich ihm einen Tipp geben müsste, würde ich sagen, er soll so viel wie möglich arbeiten, um zu verstehen, warum er schnell ist oder nicht. Das funktioniert, wenn man Zeit in die Datenanalyse steckt."

Kubicas Markenkollege Marco Wittmann rät dem zweigfleißigsten Fahrer beim ITR-Test auf dem Nürburgring: "In der DTM ist es wichtig, ruhig zu bleiben. Wir haben schon viele junge Fahrer gesehen, bei denen die Saison super beginnt. Wenn es dann nicht mehr so gut läuft, überstürzt man es und macht sich Druck. Eine der goldenen Regeln lautet, sich nicht zu viel Druck zu machen. Sonst überfährst du das Auto und bekommst Probleme. Robert ist erfahren. Ich denke, er schafft das."

DTM-Boss Gerhard Berger freut sich auf den Neuzugang. "Robert hat in der Formel 1 einen großen Namen. Er hat eine große Community um sich und ist ein guter Typ. Typen wie Robert sind fantastisch für die Meisterschaft", sagt der Vorsitzende der ITR.

Kubica wird sich am 01. und 02. August erstmals seinen 15 Mitbewerbern stellen. Dann startet die DTM in Spa-Francorchamps in die Saison 2020. Insgesamt wird die Tourenwagenserie in diesem Jahr neun Wochenenden austragen, davon jeweils zwei aufeinanderfolgende am Lausitzring, am Nürburgring und in Zolder.

Mo Di Mi Do Gesamt
BMW 1725
Philipp Eng 160 164 324
Sheldon van der Linde 158 115 273
Marco Wittmann 65 153 218
Timo Glock 131 161 292
Lucas Auer 146 154 300
Jonathan Aberdein 152 166 318
Audi 1964
Robin Frijns 193 90 80 363
Mike Rockenfeller 198 146 143 82 569
Rene Rast 194 165 359
Jamie Green 155 125 280
Loic Duval 29 39 68
Nico Müller 93 138 94 325
WRT 1023
Ferdinand Habsburg 163 140 142 84 529
Fabio Scherer 125 132 31 66 354
Harrison Newey 140 140
ART 541
Robert Kubica 123 143 129 146 541