In dieser Saison werden zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der DTM Punkte für das Qualifying-Ergebnis vergeben. Ein Novum, das die Leistungen der Fahrer noch mehr in den Mittelpunkt rücken soll. DTM-Qualifyings gehören seit jeher zu den engsten Angelegenheiten im Motorsport, da alle Fahrer mit relativ gleichen Autos und Bedingungen starten. Die Top-10 liegen nicht selten innerhalb einer Zehntelsekunde.

Nun stellt sich die Frage, wie große Einfluss des eingeführten Systems auf die Meisterschaft ist und auch, welche Fahrer und Hersteller am meisten von den zusätzlichen Punkten profitieren. Für die Pole gibt's 3 Punkte, der Zweitplatzierte erhält 2 Zähler und der Qualifyings-Dritte bekommt noch 1 Punkt.

"Es gab in der Vergangenheit immer wieder Vermutungen, dass Hersteller einen gewissen Einfluss auf das Qualifying genommen haben mit Blick auf die Performance-Gewichte", erklärt Motorsport-Magazin.com-Experte Manuel Reuter. "Wer auf Pole steht, muss ja zuladen. Da es jetzt Punkte gibt, wird es so etwas nicht mehr geben. Die wird keiner nur aus taktischen Gründen herschenken wollen."

Im besten Fall kann ein Hersteller pro Woche allein durchs Qualifying 12 Punkte dazugewinnen, ein Fahrer im Optimalfall 6. 2016 gewann Marco Wittmann die Meisterschaft mit 4 Punkten Vorsprung auf Edoardo Mortara - es kann also jeder Punkt entscheidend sein. "Ich mag das neue System, so werden wir Fahrer auch für gute Leistungen im Qualifying belohnt", sagt Champion Wittmann.

Pole-Setter im aktuellen Starterfeld

Fahrer Hersteller Poles insgesamt Letzte Pole
Mattias Ekström Audi 21 2015, Red Bull Ring
Bruno Spengler BMW 17 2015, Norisring
Jamie Green Audi 11 2016, Zandvoort
Gary Paffett Mercedes 11 2016, Moskau
Marco Wittmann BMW 8 2016, Nürburgring
Paul Di Resta Mercedes 7 2016, Hockenheim 2
Mike Rockenfeller Audi 6 2015, Moskau
Augusto Farfus BMW 5 2015, Oschersleben
Robert Wickens Mercedes 4 2016, Zandvoort
Edoardo Mortara Mercedes 4 2016, Budapest
Lucas Auer Mercedes 4 2017, Hockenheim 1
Maxime Martin BMW 2 2015, Hockenheim 2
Timo Glock BMW 2 2017, Hockenheim 1
Nico Müller Audi 1 2016, Hockenheim 1
Tom Blomqvist BMW 1 2016, Norisring

Immer wieder Wittmann

Kein Wunder, dass der BMW-Pilot nichts gegen die Qualifying-Punkte einzuwenden hat. Um einen Eindruck zu bekommen, wie sich die Quali-Punkte auf die Meisterschaft auswirken können, hat Mototsport-Magazin.com die Saison 2016 zum Vergleich herangezogen. Frage: Wie wäre letztes Jahr die Gesamtwertung mittels der Qualifying-Punkte ausgefallen, wie groß der Einfluss gewesen?

Nach der Auswertung lässt sich festhalten: Es hätte sich kaum etwas geändert. Die meisten Quali-Punkte holte nämlich Meister Wittmann, er hätte 14 zusätzliche Zähler eingesackt. Titelkonkurrent Mortara hätte 8 zusätzliche Punkte auf dem Konto. Dadurch wäre die Meisterschaftsentscheidung auch mit diesem System erst im letzten Rennen des Jahres gefallen - mit dem einzigen Unterschied, dass Mortara das finale Rennen in Hockenheim hätte gewinnen müssen, ansonsten hätte theoretisch auch Platz zwei gereicht.

Quali-Punkte: Das wären 2016 die Top-10 gewesen

Fahrer Punkte gesamt Pole Positions 2. Startplätze 3. Startplätze
Marco Wittmann 14 Punkte 2 3 2
Jamie Green 11 Punkte 2 2 1
Tom Blomqvist 9 Punkte - 3 3
Lucas Auer 9 Punkte 3 - -
Gary Paffett 8 Punkte 1 2 1
Edoardo Mortara 8 Punkte 2 1 -
Antonio Felix Da Costa 8 Punkte 2 1 -
Mattias Ekström 7 Punkte 1 2 -
Robert Wickens 7 Punkte 1 1 2
Christian Vietoris 7 Punkte 1 1 2

Die BMW-Überraschung

Auch im weiteren Meisterschaftsklassement 2016 hätte es mit der Quali-Regel nur wenige Verschiebungen gegeben. Die ersten vier Plätze wären gleich geblieben, nur Tom Blomqvist hätte Position fünf von Paul Di Resta übernommen. Der junge BMW-Pilot lieferte 2016 sehr starke Leistungen in den Qualifyings ab, schaffte es sechsmal unter die besten Drei.

Neben Blomqvist/Di Resta hätte es nur zwei weitere Positionswechsel in der Tabelle gegeben. Nico Müller hätte dank seiner Hockenheim-Pole den 8. Gesamtplatz von Maxime Martin übernommen. Und Antonio Felix Da Costa wäre auf Platz 16 statt 17 gelandet dank seiner Qualifying-Performances. Der frühere BMW-Pilot war nach Wittmann, Green, Blomqvist und Auer fünft-erfolgreichster Qualifying-Pilot des Jahres 2016.

Mercedes im Hintertreffen

Es wird sich zeigen, wie deutlich sich der Effekt der neuen Qualipunkte-Regel auf die Saison 2017 auswirkt. Historisch betrachtet müsste die Änderung am ehesten BMW und Audi entgegenkommen. Seit Einführung der Doppel-Rennen 2015 holten Audi und BMW jeweils 14 Poles. 29 Mal fuhr mindestens ein BMW-Pilot in die erste Startreihe, 28 Mal einer von Audi. In dieser Rechnung fällt nur Mercedes ab. Die Stuttgarter kamen bislang auf 10 Poles und 19 Plätze in der ersten Reihe.

Bei den Fahrern wird es spannend. Mit Mattias Ekström hat die DTM einen der erfolgreichsten Qualifyer der Geschichte im aktuellen Starterfeld. 21 Mal fuhr der Audi-Veteran bislang auf Startplatz 1, nur Mr. DTM Bernd Schneider hat noch mehr mit 29 Poles. Ekis beste Zeiten auf einer schnellen Runde liegen allerdings eine Weile zurück: Seit 2012 holte er gerade mal 2 Pole Positions.

Hersteller-Poles seit 2015

Hersteller Pole Positions Erste Startreihe
Audi 14 28
BMW 14 29
Mercedes 10 19

Über den eigenen Schatten springen

Trotzdem gefiel Ekström die neue Quali-Regel: "Das ist ein guter Schritt. Ich bin vielleicht ein bisschen Oldschool, aber ich mag es, wenn alle Leistungen belohnt werden. Und es ist schwer, im Quali unter die besten Drei zu kommen. Meine Qualifyings waren in den letzten Jahren nicht die besten, aber man muss auch mal über seinen eigenen Schatten springen und schauen, was gut für die DTM ist."

Ähnlich verhält es sich beim zweitbesten Qualifying-Piloten des aktuellen Feldes, Bruno Spengler. Der BMW-Pilot schnappte sich insgesamt 17 Poles, stand seit 2014 aber nur ein einziges Mal auf dem ersten Startplatz. Besser lief es zuletzt bei Jamie Green, der 4 seiner insgesamt 11 Poles innerhalb der letzten zwei Jahre holte. Der Brite gilt ohnehin als Qualifying-Spezialist, 9 Mal schaffte er es seit 2015 in Startreihe 1. Auch stark Veteran Gary Paffett, der seit 2015 immerhin 6 Mal in Reihe 1 fuhr. Dem amtierenden Meister Wittmann gelang das sogar 7 Mal.