Die angekündigte Partnerschaft zwischen Audi und Porsche für die Rückkehr nach Le Mans mit der neuen LMDh-Kategorie sorgt für Gesprächsstoff - auch bei der Konkurrenz. James Glickenhaus, der künftig mit seinem eigenen Hypercar-Projekt auf die beiden deutschen Autobauer treffen wird, zeigte sich erstaunt. Mit dem Vorhaben von Audi und Porsche, ein LMDh-Auto zu bauen und dazu noch auf Synergien beim Einheits-Chassis und dem Motor zu setzen, kann sich der US-Amerikaner nicht so recht anfreunden.

"Spec Racing hat ein neues Level erreicht", schrieb Glickenhaus auf seiner Facebook-Seite und bezog sich dabei auf einen von Motorsport-Magazin.com veröffentlichten Bericht. "Ich bin immer noch erstaunt, dass Porsche und Audi dies für die Spitzenklasse in Le Mans tun werden, während unser kleines Unternehmen ein eigenes Auto bauen und fahren wird."

Im Zuge der globalen Sportwagen-Konvergenz zwischen ACO und IMSA hatte sich die Scuderia Cameron Glickenhaus entschieden, ein Auto für die neue Hypercar-Klasse zu bauen. Die LMH (Le Mans Hypercar)-Formel bietet im Vergleich zu LMDh (Le Mans Daytona hybrid) mehr Freiheiten bei der Entwicklung, obwohl die Autos künftig in gemeinsamen Topklassen antreten sollen. Auch Toyota und Peugeot haben sich für ein Hypercar entschieden, während Audi, Porsche und Honda-Tochter Acura auf die günstigere LMDh-Formel setzen.

Glickenhaus: Hoffentlich geht Ferrari anderen Weg

Glickenhaus stichelt seit längerer Zeit gegen die LMDh-Formel, die erst ein Jahr nach der Hypercar-Klasse beschlossen worden war, und schickte in diesem Zuge eine Grußbotschaft nach Maranello. Ferrari wird mit einem Einstieg in die Topklassen der WEC und IMSA in Verbindung gebracht, unklar ist, ob die Italiener in diesem Fall mit einem Hypercar oder einem LMDh-Auto antreten würden.

Für Motorsport-Enthusiast Glickenhaus scheint das keine Frage zu sein und er holte mit Blick auf Audi/Porsche sogar philosophisch aus: "Ich hoffe wirklich, dass Ferrari nicht diesen Weg geht, sondern eines schönen Tages mit einem LMH Ferrari nach Le Mans zurückkehrt. Ich erinnere mich an Kurt Vonnegut und Karl Marx. Am Ende wird es eine Firma geben und die Regierung wird sie übernehmen..."

Le Mans 2021: Glickenhaus gegen Toyota

In der WEC-Saison 2021 treffen zunächst Glickenhaus und Toyota in der WEC sowie bei den 24 Stunden von Le Mans aufeinander. Ab 2023 stoßen die LMDh-Autos hinzu, während die WEC-Hypercars ihrerseits auch bei Rennen der IMSA-Serie (LMDh ersetzt DPi als Topklasse) an den Start gehen sollen. Mittels einer Balance of Performance soll Chancengleichheit erreicht werden.

Glickenhaus zweifelte, dass die BoP-Regelung tatsächlich einen ausgeglichenen Wettbewerb zulassen wird. "Glaubt jemand wirklich daran, dass ein Hypercar die 24 Stunden von Daytona gewinnen darf? Oder, dass ein LMDh mittels BoP in Le Mans siegen darf", so der frühere Film-Regisseur beim Fachmagazin Motor Sport.

Bedeutet konkret: Glickenhaus kann sich nicht vorstellen, dass LMDh-Autos der IMSA beim wichtigsten WEC-Rennen, den 24 Stunden von Le Mans, siegfähig sein sollen. Szene-Kenner sehen das anders und verweisen auf den Umstand, dass es sich Le-Mans-Veranstalter ACO mit den beiden Schwergewichten Audi und Porsche - zusammen 32 Gesamtsiege in Le Mans - sicherlich nicht verscherzen will.

"Selbst wenn Porsche, Audi und Acura kommen, sind es dann wirklich Porsche, Audi und Acura, oder Orecas mit einem einheitlichen Hybridsystem und etwas Marken-Branding? Für mich ist das ein bisschen komisch", kritisierte Glickenhaus.

Audi-Motorsportchef: Abstimmung mit Porsche wichtig

Audis und Porsches Entscheidung, ein LMDh-Auto statt eines Hypercar zu bauen, war eine Kostenfrage. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten war es wohl die einzige Möglichkeit für den VW-Konzern, zwei Töchter innerhalb einer Kategorie antreten zu lassen. Neu ist die Suche nach Synergien, die weder früher in der WEC noch aktuell in der Formel E zwischen beiden Herstellern gab. Die Frage nach Werks- und/oder -Kundeneinsätzen ist noch nicht geklärt.

Audis neuer Motorsport-Leiter Julius Seebach zu Motorsport-Magazin.com: "Wir werden auf der Rennstrecke gegeneinander fahren und jeder wird für sich und seine Marke um den Sieg kämpfen. Wichtig bei einem Projekt mit einem solchen Umfang ist aber auch, dass man sich abstimmt und ein gemeinsames Verständnis hat. Es gibt Entwicklungsumfänge, die nicht rennentscheidend sind und bei denen man zusammenarbeiten kann."

Glickenhaus verzichtet bei seinem eigenen Hypercar im Gegensatz zu Toyota auf einen Hybridantrieb und setzt stattdessen auf einen von Pipo Moteurs entwickelten V8-Saugmotor mit 3,5 Litern Hubraum. Der Bolide mit dem Namen SCG 007 LMH befindet sich aktuell in der Fertigstellung und soll im März bei einem Test in Vallelunga offiziell vorgestellt werden. Die WEC-Saison 2021 mit Glickenhaus, Toyota und einem älteren LMP1 von Alpine beginnt am 04. April in Portimao.